Bogotá. Die kolumbianische Regierung hat einen 40 Milliarden US-Dollar schweren Investitionsplan für die Energiewende auf den Weg gebracht. Dieser zielt darauf ab, Investitionen aus dem Ausland anzulocken, um die Öl- und Gasförderung durch saubere Energiequellen und grüne Wirtschaftsaktivitäten zu ersetzen.
Umweltministerin Susana Muhamad kündigte den Plan erstmals Ende September in New York im Rahmen der UN-Klimawoche an. Dabei betonte sie die internationale Zusammenarbeit mit anderen Ländern und wies darauf hin, dass zehn Milliarden Dollar von internationalen Finanzinstitutionen und Industrieländern kommen sollen.
Auf dem 16. Biodiversitätsgipfel der UN (COP16), der am Wochenende im kolumbianischen Cali endete, gab sie nun weitere Details bekannt.
"Der Investitionsplan soll vor allem die Entwicklung von Sektoren, von denen wir glauben, dass sie die Öleinnahmen ersetzen können, vorantreiben", erklärte sie beim Gipfelauftakt. So sollen neben dem Ausbau erneuerbarer Energien und die Elektrifizierung des Verkehrs Investitionen auch in naturbasierte Klimalösungen in der Landwirtschaft und in nachhaltigen Tourismus fließen.
Die Diversifizierung des Energiemixes und der von fossilen Brennstoffen abhängigen Wirtschaft ist für das südamerikanische Land von entscheidender Bedeutung, um seine Klimaziele zu erreichen.
Nach seinem Amtsantritt im August 2022 machte Präsident Gustavo Petro die Abkehr von fossilen Brennstoffen zu einem der zentralen Ziele seiner Regierung. Er versucht, das Land, das lange Zeit vom Export von solchen Brennstoffen abhängig war, als Vorreiter bei der globalen Energiewende zu positionieren. Aktuell stammen noch etwa 50 Prozent der Exporteinnahmen aus der Förderung fossiler Brennstoffe. 2023 war Kolumbien der fünftgrößte Kohleexporteur weltweit.
Erklärtes Ziel von Petro ist es, das Wirtschaftsmodell des Landes, das auf der Ausbeutung von Rohstoffen und deren Verkauf ins Ausland beruht, hinter sich zu lassen und die wirtschaftliche Abhängigkeit von den Steuer- und Exporteinnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft zu verringern.
Als ersten Schritt stoppte er daher 2022 die Erschließung neuer Öl- und Gasvorkommen. Neue Lizenzen werden nicht mehr vergeben und ohne die Erschließung neuer Vorkommen bleiben dem Land nur noch rund sieben Jahre, bis die Erdölreserven erschöpft sein werden. Kolumbien war auch das erste lateinamerikanische Land, das dem Vertrag über die Nichtverbreitung fossiler Brennstoffe wie Öl, Kohle und Gas zugestimmt hat.
Doch die Abkehr vom extraktivistischen Modell verschreckt Investoren und gibt seinen Kritikern Nahrung. Diese werfen ihm vor, dass seine Energiepolitik dem Land schade. Damit zeigt sich ein offensichtliches Spannungsverhältnis, die Wirtschaft des Landes klimafreundlich umzubauen, ohne die wirtschaftliche Stabilität zu gefährden.
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Da für die Umsetzung der ehrgeizigen Transformationsziele Milliarden an Investitionen notwendig sind, die das Land eigentlich alleine nicht aufbringen kann, hofft die Regierung nun auf finanzielle Unterstützung von Industrieländern und multilateralen Entwicklungsbanken.
Laut Umweltministerin Muhamad soll der Plan dem Modell der Just Energy Transition Partnerships (JETPs), die Länder wie Südafrika, Vietnam, Indonesien und Senegal in den letzten Jahren mit internationalen Gebern vereinbart haben, entsprechen. Diese Partnerschaften sind eine neue plurilaterale Struktur, um Schwellenländer bei der Beschleunigung des Ausstiegs aus der Nutzung fossiler Brennstoffe finanziell zu unterstützen.
"Wir sind auf dem Weg, ein Finanzpaket für das Land zu schnüren", sagte Muhamad Anfang Oktober vor Journalisten am Rande der New Yorker Klimawoche. Ihr Ministerium teilte mit, dass es Gespräche mit Großbritannien, Deutschland, Kanada und der Europäischen Union als potenzielle Geldgeber geführt habe, ebenso wie mit der Interamerikanischen Entwicklungsbank. Die genannten Länder sind allesamt wichtige öffentliche Geldgeber für andere JETPs.
Finanziert werden soll der Plan unter anderem durch Investitionen des Privatsektors oder Kreditlinien von öffentlichen Banken. Auch "debt for nature swaps" werden diskutiert. Mit Deutschland verhandelt Kolumbien aktuell über einen solchen Tausch von Schulden gegen Naturschutz, wie Außenminister Luis Gilberto Murillo bekannt gab.
Mit dem milliardenschweren Investitionsplan will Kolumbien zeigen, dass Dekarbonisierung und Umweltschutz zusammengedacht werden, um neue grüne Einkommensquellen zu schaffen. Zu den Projekten gehören beispielsweise ein neues Solar- und Windenergieunternehmen und ein Kreditprogramm für kleine Tourismusunternehmen.
Von den insgesamt 40 Milliarden Dollar sollen etwa 14,5 Milliarden in den Ausbau der erneuerbaren Energie und weitere 16 Milliarden in den Naturschutz investiert werden, insbesondere in Ökotourismus (vier), nachhaltige Landwirtschaft (3,4) und die Wiederherstellung von Ökosystemen (8,5 Milliarden).
Der Fokus auf die Natur in dem Plan zur Energiewende ist eine neue Ergänzung des JETP-Modells, sagte Andrés Goméz, Leiter der Lateinamerika-Kampagnen bei der Fossil Fuel Non-Proliferation Treaty Initiative, einer internationalen gemeinnützigen Organisation, die den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen fördert.
Mit seiner Energie- und Klimapolitik sorgt Petro international für Aufsehen, erntet aber auch Kritik. Nachdem er die Gas- und Ölproduktion im Inland drosselte, schloss er im April ein Energieabkommen mit Venezuela, damit der staatlich kontrollierte kolumbianische Konzern Ecopetrol Öl und Gas in Venezuela fördern kann. Im Gegenzug will Kolumbien Energie nach Venezuela exportieren, "hoffentlich saubere Energie", wie Petro beim Treffen mit Venezuelas Präsident Nicolás Maduro erklärte.
Im Inland werfen Kritiker ihm vor, seine ambitionierten Ziele im eigenen Land nicht zu erreichen. Von den fast 25 Umwelt- und Energieversprechen, die Petro in seinem Regierungsplan versprochen hatte, wurden laut einer Analyse des Onlineportals Vorágine bisher nur bei acht Zielen konkrete Fortschritte erzielt.