Guatemala / Politik

Internationaler Druck gegen versuchten Wahlputsch in Guatemala nimmt zu

US-Regierung, Europäische Union und die Organisation Amerikanischer Staaten setzen Sanktionen ein. Vereinte Nationen fordern Wahrung der Rechtsstaatlichkeit

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Die designierte Vizepräsidentin Karin Hererra und Arévalo mit OAS-Chef Almagro (v.l.n.r) bei einem seiner jüngsten Besuche in Guatemala
Die designierte Vizepräsidentin Karin Hererra und Arévalo mit OAS-Chef Almagro (v.l.n.r) bei einem seiner jüngsten Besuche in Guatemala

Guatemala-Stadt. In den letzten Tagen haben die US-Regierung, die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und die Europäische Union (EU) Möglichkeiten aufgezeigt, um gegen den laufenden Putschversuch in Guatemala vorzugehen. Auch die Spitze der Vereinten Nationen schloss sich dem Bemühen an.

Seit dem überraschenden Wahlsieg des Mitte-links Kandidaten Bernardo Arévalo im vergangenen August betreibt der amtierende, rechtsgerichtete Präsident Alejandro Giammattei die justizielle Verfolgung seiner politischen Gegner. Staatsanwälte öffneten unbefugt Wahlurnen, raubten die Wahlakten und erkärten die Wahlen für nichtig. Arévalo wurde wegen Wahlfälschung angeklagt. An Rechtsstaatlichkeit orientierte Richter verließen fluchtartig das Land, es gab Hausdurchsuchungen und Festnahmen, auch gegen Parlamentarier wird ermittelt (amerika 21 berichtete).

Die Justiz diente in Lateinamerika zuletzt immer wieder als Instrument der Kriegsführung bis hin zum Putsch gegen gewählte, links-orientierte Führungspersönlichkeiten und Regierungen. So wie im Fall von Dilma Rousseff und Luiz Inácio Lula da Silva in Brasilien, Rafael Correa und Jorge Glas in Ecuador, Fernando Lugo in Paraguay, des seit einem Jahr inhaftierten Pedro Castillo in Peru und Christina Kirchner in Argentinien. In keinem der Fälle wendeten die USA, die EU oder die OAS jedoch politischen Druck und Strafmaßnahmen an.

Am 23. Oktober reiste Brian Nichols, US-Unterstaatssekretär für Angelegenheiten der westlichen Hemisphäre, nach Guatemala. Er traf sich mit Arévalo und dem derzeitigen Außenminister Mario Búcaro, um über den demokratischen Übergang zu sprechen. Damals hieß es, Nichols werde "die Notwendigkeit erörtern, im kommenden Januar einen friedlichen demokratischen Übergang zu gewährleisten und dem Dialog zwischen allen Akteuren als Mittel zur Lösung der politischen Krise des Landes Vorrang einzuräumen".

Am 24. Oktober folgte Richard Nephew, der Koordinator der "globalen Anti-Korruptionsinitiative der USA". Seit Jahren äußern die USA ihre Besorgnis über die mangelnden Fortschritte im Kampf gegen die Korruption in Guatemala und kritisierten Generalstaatsanwältin Consuelo Porras, sie ermittle zu wenig.

Der US-Unterstaatssekretär für Wirtschaftswachstum, Energie und Umwelt, José W. Fernández, besuchte das Land Anfang Dezember, um Arévalo zu unterstützen. Nach Angaben des US-Außenministeriums traf er mit Vertretern der derzeitigen und der neuen Regierung sowie des Privatsektors zusammen, "um ein transparentes, stabiles und florierendes Geschäftsklima zu fördern, das den Menschen in Guatemala zugute kommt".

Arévalo wurde besonders durch seine Bemühungen gegen die Korruption bekannt und erlangte im Zusammenhang einer wachsenden Bürgerbewegung eine breite politische Zustimmung. Die direkte Unterstützung durch das US-Programm gegen Korruption gab ihm in diesen Jahren einen persönlichen Schutz. Korruptionsbekämpfung ist letztlich eine Voraussetzung für ein sicheres Investitionsklima.

Luis Almagro, Generalsekretär der OAS, reiste in den vergangenen Monaten ebenfalls mehrfach nach Guatemala. Bereits vor der Stichwahl besuchte er auf Bitten der US-Regierung das Land und traf sich dort mit Giammattei. Almagro forderte ein Ende der juristischer Attacken gegen die Partei Arévalos, Semilla, und Garantien für einen fairen Wahlvorgang. Im September besuchte er das Land erneut zweimal. Weitere Reisen fanden Anfang Dezember sowie am 15.und 16. Dezember statt.

Am 13. Dezember entschieden die Ländervertretungen der OAS, den Artikel 18 der Charta auf Guatemala anzuwenden – eine Art verstärkte Warnung, eine Vorstufe zum direkten Ausschluss. Damit werden der Präsident des Ständigen Rates, Ronald Sanders, und Almagro beauftragt, im persönlichen Gespräch vor Ort Vereinbarungen zur Lösung der Krise zu treffen. Der Text der Abstimmung stammte von den USA.

Giammattei wies die Anwendung der Charta zurück. Seine Regierung habe Almagro stets zu Gesprächen eingeladen, weswegen keine Abstimmung dafür nötig sei. Auch versicherte er, dass am 14. Januar eine reibungslose Amtsübergabe stattfinden werde.

Anfang Dezember schrieb UN-Generalsekretär António Guterres: "Wir sind wegen der Ereignisse in Guatemala besorgt und fordern einen reibungslosen Machtwechsel". Und Volker Türk, der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, erklärte: "Ich fordere die zuständigen Behörden, darunter den derzeitigen Präsidenten und die Justiz noch einmal auf, sich für die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit und die Gewährleistung der Achtung des Wahlergebnisses einzusetzen".

Der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, gab am 11. Dezember bekannt, dass 300 Bürgern Guatemalas ein Einreiseverbot in die USA erteilt wurde. Darunter sind 100 Kongressmitglieder, die für den Entzug der Immunität Arévalos gestimmt hatten. Auch die Spitze der Generalstaatsanwaltschaft des zentralamerikanischen Landes ist nun von US-Sanktionen betroffen, als Grund wird das "undemokratische Vorgehen" der Justizbeamten genannt.

Die US-Regierung kündigte zudem an, dass sie "weiterhin Schritte unternehmen wird, um solche Beschränkungen jedem aufzuerlegen, der die guatemaltekische Demokratie untergräbt".

Am 1. Dezember verhängten die USA Sanktionen wegen Korruption gegen Luis Miguel Martínez Morales, einen sehr engen Mitarbeiter Giammatteis.

Das Europaparlament verurteilte am vergangenen Donnerstag den Putschversuch in Guatemala. Die Resolution, mit der man "Respekt für den demokratischen Willen Guatemalas" fordert, wurde mit einer überwältigenden Mehrheit angenommen. Auch sollen "Sanktionen gegen antidemokratische Akteure" verhängt werden. Dazu gehört etwa das Einfrieren von Vermögenswerten und ein Einreiseverbot für Generalstaatsanwältin Porras sowie für die ihr unterstellten Staatsanwälte Rafael Curruchiche und Leonor Eugenia Morales Lazo.

Am 14. Dezember traf das Verfassungsgericht Guatemalas eine zentrale Entscheidung: "Das Gericht erlässt die folgende Anordnung: der Kongress der Republik und sein Vorsitz haben die effektive Amtsübernahme aller gewählten Amtsträger aus dem Wahlprozess 2023 zu gewährleisten. Die Entscheidungen des Obersten Wahlgerichts sind gemäß der Dekrete zur Anerkennung und Validierung der Wahlergebnisse zu befolgen".

Das Gericht forderte den scheidenden Präsidenten zudem auf, "die nationale Einheit zu fördern und die Amtsübergabe im Einklang mit den rechtlichen Normen zu vollziehen".