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Peru: Linksgerichtetem Ex-Präsidenten Pedro Castillo drohen über 30 Jahre Haft

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Pedro Castillo, hier auf einem Foto von September 2022
Pedro Castillo, hier auf einem Foto von September 2022

Lima. Die Generalstaatsanwaltschaft in Peru fordert 34 Jahre Haft für Pedro Castillo wegen den mutmaßlichen Verbrechen der Rebellion, des Amtsmissbrauches und der schweren Störung des öffentlichen Friedens.

Auch vier seiner ehemaligen Minister:innen sowie drei Polizisten, die den laut Anklageschrift geplanten Putsch unterstützt haben sollen, drohen langjährige Haftstrafen.

Zusammensetzen soll sich Castillos Strafe aus 25 Jahren für Rebellion, drei für Amtsmissbrauch und sechs für die schwere Störung des öffentlichen Friedens. Für die anderen Angeklagten fordert die Staatsanwaltschaft jeweils 25 Jahre. Für den ehemaligen Premierminister Aníbal Torres wird aufgrund seines Alters 15 Jahre Haft gefordert. 

Torres und seine Nachfolgerin Betssy Chávez stehen neben Castillo selbst im Zentrum der Ermittlungen. Sie sollen ihm geholfen haben, die Rede vorzubereiten, mit der er am 7. Dezember 2022 das Parlament für aufgelöst erklärt hatte.

Castillo wurde noch am gleichen Tag festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Diese soll 54 Monate dauern. Davon fallen 18 Monate auf den Versuch, den Kongress der Republik aufzulösen und weitere 36, weil er der Anführer einer kriminellen Vereinigung gewesen sein soll. Castillos Verteidigung besteht darauf, dass er keinen Staatsstreich durchgeführt habe. Ein solcher sei nie vollzogen worden, es könne daher nicht als Rebellion bewertet werden.

Castillo sieht die Schuld für die Ereignisse bei seinen politischen Gegnern und bezeichnete sich im Interview mit der Zeitung El Salto als das "Opfer eines Komplotts der peruanischen Rechten, die die Interessen der internationalen Rechten, der neoliberalen und imperialistischen Gruppen bedienen".

Die ebenfalls in Haft sitzende Chávez hat Misshandlungen im Gefängnis angeprangert. Diese seien ihr zufolge vom Justizministerium angeordnet worden. Sie bezeichnete zudem die Regierung von Castillos Nachfolgerin Dina Boluarte als "installierte Mafia".

Juristisch geht es nun so weiter, dass der zuständige Richter den Angeklagten und der Generalstaatsanwaltschaft die Anklageschrift zustellen und ihnen eine Frist zur Stellungnahme einräumen muss. In dieser Zeit können die Angeklagten Einsprüche einreichen, während die Generalstaatsanwaltschaft einen Antrag auf eine zivilrechtliche Entschädigung stellen kann. Diese wird vorläufig auf umgerechnet über 16 Millionen Euro geschätzt. Der Richter beruft dann eine Anhörung ein, um zu entscheiden, ob der Fall vor Gericht verhandelt wird.

Castillo selbst hat ebenso wie alle anderen Angeklagten auf nicht schuldig plädiert. Gleichzeitig haben die Anwälte des Ex-Präsidenten mehrere Habeas-Corpus-Anträge bei der Justiz eingereicht, um seine sofortige Freilassung zu erreichen. Habeas-Corbus-Anträge zielen darauf ab, durch gerichtliche Entscheidung die Freilassung eines unrechtmäßig Inhaftierten zu erwirken. Nachdem diese bereits in erster und zweiter Instanz abgelehnt wurden, wird als nächstes das Verfassungsgericht darüber entscheiden müssen.

Der links orientierte Castillo hatte in seiner Amtszeit mit mehreren Amtsenthebungsverfahren der rechten Parlamentsmehrheit zu kämpfen. Seine gesamte Amtszeit war geprägt von Versuchen konservativer politischer Kräfte, die Regierung abzusetzen. Im Dezember 2022 versuchte er einem erneuten Anlauf zu seiner Absetzung zu entgehen, in dem er das Parlament auflösen, neue Parlamentswahlen durchführen und das Justizsystem neu organisieren wollte, um die politische Krise im Land zu beheben und die Regierbarkeit wiederherzustellen.

Gegen seine damalige Vizepräsidentin und dann Nachfolgerin im Amt, Dina Boluarte, gab es vor allem Ende 2022 und Anfang 2023 große Proteste, getragen von der armen und indigenen Bevölkerung, mit zahlreichen Todesopfern. Die Demonstrationen, bei denen ihr Rücktritt und die Auflösung des Kongresses sowie eine neue Verfassung gefordert werden, reißen indes nicht ab. So kam es am 10. Januar in Erinnerung an die Todesopfer der Proteste im Vorjahr erneut landesweit zu Kundgebungen und Demonstrationen.