Argentinien / Politik

Gerichte in Argentinien zerlegen Notstandsdekret von Präsident Javier Milei

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Milei nach Unterzeichnung des Notstandsdekrets im Beisein seines Kabinetts. Nun wird es von Gerichten teilweise aufgehoben
Milei nach Unterzeichnung des Notstandsdekrets im Beisein seines Kabinetts. Nun wird es von Gerichten teilweise aufgehoben

Buenos Aires. Das umfassende Eil- und Notdekret (Decreto de Necesidad y Urgencia, DNU), mit dem Argentiniens Präsident Javier Milei seine Regierung initiierte, verliert durch die Einwirkung der Justiz nach und nach seine wesentlichen Bestandteile.

Am vergangenen Dienstag hat die Appellationskammer des Gerichtshofs für Arbeitsrecht in zweiter Instanz die Verfassungswidrigkeit der Paragraphen 53 bis 79 erklärt. Diese hatten eine starke Beschneidung von Arbeitnehmerrechten beinhalteten. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass nicht die außergewöhnlichen Umstände bestünden, weshalb laut Verfassung dem Präsidenten in Ausnahmefällen legislative Funktionen zustehen würden. Besonders die Tatsache, dass das Parlament in der Lage ist, zusammenzukommen und Beschlüsse zu fassen, beweise, dass die Ausnahmesituation nicht zutrifft.

Auch andere Teile des DNU werden derzeit von der Justiz behandelt oder wurden bereits ausgesetzt. Der Bereich, der das Gesetz über den Landbesitz außer Kraft setzte, wurde ebenso aufgehoben wie der Abschnitt, der die Umwandlung von Sportklubs in Aktiengesellschaften ermöglichte oder der Paragraph, der die Beiträge der privaten Krankenkassen deregulierte.

Sogar eine Provinzrichterin aus dem nördlichen Misiones hebelte ein Kapitel aus, das die kleinen Mate-Produzenten negativ betraf.

Die grundsätzliche Diskussion über die Verfassungswidrigkeit des Dekrets steht jedoch noch aus. Das Verwaltungsgericht hat eine einstweilige Verfügung dahingehend zurückgewiesen. Der Oberste Gerichtshof hatte die Behandlung des Themas auf nach der Sommerpause gelegt, wohl in der Hoffnung, dass es bis dahin im Parlament gelöst wird.

Das DNU ist deshalb grundsätzlich in Kraft, ausgenommen die suspendierten Teile. Damit es nun noch ausgesetzt werden könnte, müssten es beide Kammern des Parlaments zurückweisen.

Die Regierung ließ jedoch entsprechende Fristen verstreichen und hintertreibt die Behandlung. Eine ständige Zweikammer-Kommission hätte das Dekret bereits nach zehn Tagen erhalten sollen, es wurde ihr jedoch nicht vorgelegt. Die Präsidenten der beiden Kammern sperren sich dagegen, es im Plenum zu behandeln, obwohl das Reglement sie dazu verpflichtet, sobald es von auch nur von einem Abgeordneten oder Senatoren verlangt wird.

Eine Gruppe von Senatoren von Union por la Patria verlangten deshalb von Vizepräsidentin Victoria Villarruel (die verfassungsgemäß auch Senatspräsidentin ist), dass es endlich in der Kammer behandelt wird. Während der aktuellen Parlamentssitzungen hatte die peronistische Abgeordnete Carolina Gaillard den Parlamentspräsidenten Martin Menem daran erinnert, dass die von ihm und der Senatspräsidentin geführte Vorgehensweise nicht nur regelwidrig sei, sondern auch einen schweren Straftatbestand erfüllen würde.