Ecuador / Politik

Wahlkampfstart, Rechtsbruch und Machtkämpfe in Ecuador

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Bereits im Wahlkampf 2023 trafen Daniel Noboa und Luisa González aufeinander (Kollage aus den X-Header-Bildern)
Bereits im Wahlkampf 2023 trafen Daniel Noboa und Luisa González aufeinander (Kollage aus den X-Header-Bildern)

Quito. In Ecuador hat am Sonntag der Wahlkampf für die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen, die am 9. Februar stattfinden werden, offiziell begonnen. Dabei überschattet eine Kontroverse um die Auslegung der gesetzlichen Vorschriften für die Kandidatur zur Präsidentschaft den politischen Wettbewerb.

In dem südamerikanischen Land sind Amtsinhaber verpflichtet, eine unbezahlte Beurlaubung zu beantragen, wenn sie erneut kandidieren. Damit soll verhindert werden, dass sie den Staatsapparat für ihren Wahlkampf nutzen.

Demnach würde Vizepräsidentin Verónica Abad für drei Monate die Präsidentschaft übernehmen müssen. Daniel Noboa kandidiert erneut, weigert sich allerdings, die Macht an die gewählte Vizepräsidentin abzugeben. Beobachter und Oppositionspolitiker fürchten, dass ein Wahlbetrug bevorsteht.

Die Regierung argumentiert, dass das entsprechende Gesetz nicht anzuwenden sei, da Noboa lediglich die Amtszeit von Guillermo Lasso zu Ende führe. Lasso war 2023 nach nur zweieinhalb Jahren im Amt knapp einem zweiten Absetzungsverfahren wegen Veruntreuung entkommen, löste dann das Parlament auf und rief vorgezogene Parlaments- und Präsidentschaftswahlen aus. Bei den Neuwahlen am 20. August 2023 kandidierte er nicht mehr. Als sein Nachfolger wurde Noboa gewählt.

Abad erklärte am vergangenen Samstag, dass sie ab 5. Januar die legitime Präsidentin des Landes sei und rief alle Institutionen des Staates, insbesondere die Sicherheitskräfte, zur Zusammenarbeit auf. Sie wandte sich mit der Bitte an die internationale Gemeinschaft, die Lage in Ecuador genau zu beobachten und jedem Versuch einer politischen Destabilisierung entgegenzutreten.

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Unterdessen hat Noboa einen erneuten Versuch unternommen, Abad abzusetzen. Mit einem Präsidialdekret erklärte er die bisherige Kabinettssekretärin und enge Vertraute Cynthia Gellibert zur Vizepräsidentin. Die frühere Entscheidung seines Arbeitsministeriums, Abad von ihrem Amt zu suspendieren, hatte vor Gericht keinen Bestand (amerika21 berichtete). In Reaktion auf das Urteil wollte Noboa seine Vizepräsidentin als Beraterin der ecuadorianischen Botschaft in der Türkei aus dem Spiel nehmen. Abad erklärte daraufhin sie sei im Urlaub, was die Exekutive wiederum nutzte, ihre Abwesenheit zu erklären und sie per Dekret zu suspendieren.

Die Armee- und die Polizeiführungen machten bereits deutlich, dass ihre Loyalität bei Noboa liegt und sie die vom Präsidenten eingesetzte Gellibert als Vizepräsidentin betrachten. Oppositionspolitiker und Beobachter unterschiedlichster Couleur machen jedoch klar, dass Noboa gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstößt.

Auch die Kandidatin der Revolución Ciudadana (Bürgerrevolution) Luisa González warnte vor einem möglichen Wahlbetrug Noboas.

Die linksgerichtete Partei startete ihren Wahlkampf im Norden von Quito. Die in Umfragen führende González ging mit Noboa scharf ins Gericht, dem sie seine gebrochenen Versprechen vorhielt. Die Kriminalität zu bekämpfen und den am Boden liegenden öffentlichen Sektor zu einem handlungsfähigen, bürgernahen Staat umzubauen, seht im Mittelpunkt ihrer Agenda.

Noboa startete seinen Wahlkampf mit einer Versammlung vor dem Präsidentenpalast, die offiziell als Unterstützungskundgebung für den Amtsinhaber präsentiert wurde. In Aufrufen an öffentliche Angestellte zur Teilnahme wurde davon abgeraten, parteipolitische Symbole zu nutzen.