Isabel Rauber: "Zeit der Sozialforen ist vorbei"

Berlin/Mainz. Die argentinische Philosophin Isabel Rauber hat bei Veranstaltungen in Mainz und Berlin Kritik an linken Parteien in Lateinamerika geübt und ein neues Verhältnis zu sozialen Bewegungen gefordert. Viele Parteien seien nach wie vor dem Denken des 20. Jahrhunderts verhaftet, sagte Rauber Ende der Woche bei einer Veranstaltung in Berlin.

Nicht die Definition von Zielen durch eine Partei sei die Grundlage für Veränderungen, sagte Rauber: Die Veränderungen müssten mit den sozialen Bewegungen gemeinsam entwickelt werden. In diesem Zusammenhang zeigte sich Rauber auch davon überzeugt, dass die Zeit der "Sozialforen" als Treffen der sozialen Bewegungen vorbei ist. Für Veränderungen seien neue soziale und politische Foren notwendig, die eine Kooperation von Parteien, progressiven Regierungen und sozialen Bewegungen ermöglichen.

Rauber war auf Einladung des globalisierungskritischen Netzwerks Attac in Mainz zu Gast. Am Donnerstag sprach sie auf Einladung der Arbeitsgemeinschaft Lateinamerika der Linkspartei im Berliner Karl-Liebknecht-Haus.

Ausgehend von den Erfahrungen in Lateinamerika sprach die Philosophin über Wege zu gesellschaftlichen Veränderung. Die sozialen Bewegungen in Lateinamerika seien aus den Notwendigkeiten des Überlebens entstanden, so Rauber. Erst mit der Zeit sei ein Bewusstsein dafür entstanden, dass die individuellen und gesellschaftlichen Probleme in der neoliberalen Politik eine gemeinsame Ursache haben. Aus dieser Erkenntnis heraus seien neue Bewegungen entstanden, die von linken Parteien und Intellektuellen zunächst ignoriert worden seien. In zahlreichen Ländern Lateinamerikas seien dann Vertreter der sozialen Bewegungen durch Wahlen an die Regierungen gekommen. Erst dadurch habe sich die Wahrnehmung geändert.

Am Beispiel des TIPNIS-Konfliktes in Bolivien erläuterte Rauber Kontroversen zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen. "Der Konflikt ist entstanden, weil die Betroffenen vorher nicht konsultiert worden sind", sagte sie in Bezug auf das Geschehen in Bolivien. Die Regierungen und Parteien müssten lernen, Entscheidungen mit der Beteiligung der betroffenen Menschen zu fällen. Sie sei jedoch optimistisch, dass die bolivianische Regierung aus Fehlern lerne.

Isabel Rauber arbeitet seit Jahren mit sozialen Bewegungen und Regierungen zusammen. Sie ist Autorin mehrerer Bücher, produziert multimediales Bildungsmaterial und nahm an zahlreichen internationalen Kongressen teil.