Weiterer Korruptionsskandal in Brasilien

Staatliches Atomenergieunternehmen im Fokus der Ermittlungen. Bisheriger Leiter unter anderem wegen Korruption und Geldwäsche verhaftet

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Die Bauarbeiten am Reaktor Angra 3 wurden bereits Ende 2014 gestoppt
Die Bauarbeiten am Reaktor Angra 3 wurden bereits Ende 2014 gestoppt

Brasília. Die Welle von Verhaftungen wegen des Verdachtes auf Korruption in Brasilien reißt nicht ab. Nun ist auch das staatliche Atomenergieunternehmen Eletronuclear ins Visier der Ermittler geraten. Am vergangenen Dienstag verhaftete die brasilianische Bundespolizei den bisherigen Leiter der Eletronuclear, Othon Luiz Pinheiro da Silva, wegen des Verdachts auf Korruption, Geldwäsche und der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Dies gab der Ermittler Athayde Ribeiro Costa auf einer Pressekonferenz bekannt.

Der Marineadmiral da Silva gilt als Vater des brasilianischen zivilen Atomprogramms. Ihm wird vorgeworfen, Schmiergelder in Höhe von 4,5 Millionen Reais (1,2 Millionen Euro) angenommen zu haben, berichtete die Zeitung "Valor Econômico". Von dem Korruptionsskandal ist demnach auch der Bau des dritten Atomreaktors Angra 3 190 Kilometer südwestlich von Rio de Janeiro betroffen. Die Bauarbeiten am Reaktor Angra 3 wurden bereits Ende 2014 gestoppt, nachdem beteiligte Bauunternehmen über ausbleibende Zahlungen der Regierung geklagt hatten. Diese begann in Folge der Enthüllungen im "Petrolão"-Korruptionsskandal Zahlungen an involvierte Bauunternehmen einzustellen.

Die im Fall Angra 3 der Preisabsprache und Bestechung verdächtigen Baukonzerne sind Medienberichten zufolge die gleichen, die bereits im Zuge der Ermittlungen um den staatlichen Erdölkonzern Petrobras in den Fokus der Ermittlungen geraten sind. Nachdem im "Petrolão"-Korruptionsskandal in den letzten Monaten wegen Bildung eines Kartells, Preisabsprachen sowie Bestechung führender Manager gegen Bauunternehmen, Politiker und Petrobras-Manager vorgegangen wurde, seien die Ermittlungen nun auch auf andere staatliche Unternehmen ausgeweitet worden, berichtet die kubanische Nachrichtenagentur Prensa Latina.

Die Anschuldigungen gegen den Admiral da Silva waren bereits im April dieses Jahres aufgekommen. Damals hatte Dalton Avancini, Geschäftsführer des Baukonzerns Camargo Corrêa SA, in einer Aussage das Kartell um den Bau des Atommeilers offen gelegt und den damaligen Vorstandsvorsitzenden der Eletronuclear beschuldigt, die Hand aufgehalten zu haben.

Mit der Korruptionsenthüllung um das staatliche Atomprojekt Angra 3 im Rahmen der Ermittlungen werde bereits gegen sieben der zehn größten Bauvorhaben des staatlichen Infrastrukturprogramms PAC (Programa de Aceleração do Crescimento) ermittelt. Dies führe vielerorts zu einem Baustopp, da die staatlichen Gelder wegen der staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen einem Zahlungsstopp unterliegen.

Das PAC ist eines der wesentlichen Instrumente der regirenden Arbeiterpartei PT seit 2007. Im Fall Angra 3 entschloss sich die Regierung von Präsident Luiz Inácio da Silva im Jahr 2007 fast 30 Jahre nach Planungsstart, das inzwischen vier Milliarden Euro teure Projekt mit deutscher Beteiligung doch noch zu vollenden. Zwar gebe es für Angra 3 nach langen Debatten keine deutschen Kreditbürgschaften, aber die Partei Bündis 90/Die Grünen fordert auch ein Ende jeglicher technischen Unterstützung, wie die deutsche Nachrichtenagentur DPA mitteilte. Viele Komponenten für Angra 3 seien teils schon in den 80er Jahren aus Deutschland geliefert und hätten auf dem Gelände am Atlantik gelagert.