Argentinien erhält neue Finanzspritze vom IWF

Währungsfonds anerkennt anhaltende Dürre als Grund für die Nicht-Einhaltung der Haushaltsziele. Einigung auf neue Zielvorgaben. Sozialausgaben sollen dabei unangetastet bleiben

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Sergio Massa mit IWF-Chefin Kristalina Georgieva am 24. August in Washington
Sergio Massa mit IWF-Chefin Kristalina Georgieva am 24. August in Washington

Buenos Aires/Washington. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat die Auszahlung einer Kreditrate über weitere 7,5 Milliarden US-Dollar in Form von Sonderziehungsrechten (SZR) an Argentinien genehmigt. Sie ist Teil einer im März 2022 geschlossenen Vereinbarung zur Restrukturierung der argentinischen Staatsschulden. Diese war notwendig geworden, nachdem die Vorgängerregierung unter dem konservativen Präsidenten Mauricio Macri im Jahr 2018 das Land mit einem Rekordkredit im Gesamtvolumen von 57 Milliarden US-Dollar in eine schwere Schuldenkrise gestürzt hatte. Die Vereinbarung ermöglicht der argentinischen Regierung, innerhalb eines Zeitraums von 30 Monaten bis zu 44 Milliarden US-Dollar beim IWF abzurufen. Mit der aktuellen Zahlung sind in diesem Rahmen insgesamt 36 Milliarden überwiesen worden.

Ein Teil der ausgezahlten Rate fließt unmittelbar in die Schuldentilgung. Überbrückungskredite in der Gesamtsumme von mehr als 3,6 Milliarden US-Dollar wurden an die Lateinamerikanische Entwicklungsbank (CAF), an Katar und an China zurückgezahlt. Dennoch konnten die Währungsreserven der Zentralbank um 5,3 Milliarden gesteigert werden und liegen nun bei rund 29 Milliarden US-Dollar.

Der Auszahlung vorangegangen waren die fünfte und sechste technische Überprüfung des Abkommens seitens des Exekutivdirektoriums des IWF. Mit den quartalsmäßig durchgeführten Überprüfungen soll die Einhaltung der Kreditbedingungen und der darin vereinbarten Wirtschafts- und Finanzreformen sichergestellt werden. Argentinien konnte die vereinbarten Ziele zwar nicht erreichen, der IWF führte dies jedoch zu einem großen Teil auf den Ausfall der Agrarexporte aufgrund der katastrophalen Dürre zurück. "Im Kontext der hohen Inflation und des zunehmenden Drucks auf die Zahlungsbilanz wurde ein neues Maßnahmenpaket mit dem Ziel vereinbart, die Währungsreserven zu erhöhen und den Staatshaushalt auszugleichen", verlautbarte der IWF in seiner Aussendung.

Die neu vereinbarten Maßnahmen sehen vor, die Energietarife anzuheben sowie die Erhöhung von Pensionen und Gehältern des öffentlichen Diensts zu beschränken. Ausgaben für Sozialprogramme und vorrangige Infrastrukturprojekte sollen von der Ausgabenkürzung explizit nicht betroffen sein. Einnahmenseitig wird der Staatshaushalt durch eine vorübergehende Erhöhung von Steuern auf bestimmte Güter und Dienstleistungen in Fremdwährungen entlastet.

Der argentinische Wirtschaftsminister und Kandidat für die Präsidentenwahlen im kommenden Oktober Sergio Massa kommentierte die Vereinbarung: "Wir haben einen großen Schritt gemacht, um die Hypothek, die Mauricio Macri Argentinien hinterlassen hat, abzuarbeiten, aber sie besteht weiterhin. Argentinien wird erst wieder autonom sein, wenn wir uns ihrer entledigt haben". Er, so Massa, hätte der Direktorin des IWF Kristalina Georgieva gegenüber klargestellt, dass die argentinische Regierung die Investitionen in Sozialprogramme weiterhin verteidigen würde, zumal sie Teil der ursprünglichen Vereinbarung sind.

Tage zuvor hatte Massa bereits angekündigt, weitere 1,3 Milliarden US-Dollar von der Weltbank sowie der Interamerkanischen Entwicklungsbank (IDB) abrufen zu wollen. 450 Millionen davon sollen in Programme zur Ernährungssicherheit, Kinderbeihilfe (Asignación universal por Hijo) und andere Sozialleistungen fließen. Zudem kündigte Massa an, Steuerbegünstigungen für große Unternehmen zu streichen und mit diesen Maßnahmen im kommenden Jahr ein Nulldefizit anstatt der bisher angepeilten 0,9 Prozent Defizit anzustreben. Zudem soll der offizielle Dollarkurs bis November auf dem aktuellen Stand von rund 350 Pesos eingefroren werden.

Die Verhandlungen zwischen dem IWF und der argentinischen Regierung waren von dem politischen Erdbeben überschattet, das die Präsidentschaftsvorwahlen in Argentinien verursacht hatten. Der unerwartete Vorsprung des rechtsextremen Kandidaten Javier Miliei hatte zu einem Einbruch des Peso gegenüber dem Dollar von 22 Prozent geführt und dürfte letztlich auch die nunmehrige Einigung beschleunigt haben.

Der Präsidentschaftskandidat Milei hat indes Funktionären des IWF bereits sein Wirtschaftsprogramm im Falle eines Wahlsiegs vorgestellt. Im Rahmen eines Online-Meetings bekräftigte er seine bereits bekannten Pläne, darunter die Kürzung der Staatsausgaben über die Forderungen des IWF hinaus, die Aufhebung der Devisenkontrollen, die Bindung des Peso an den US-Dollar, die Auflösung der Zentralbank, die Reform der Arbeitsgesetze und die Öffnung der argentinischen Wirtschaft für ausländische Investoren.

Die Präsidentenwahlen in Argentinien finden am 22. Oktober statt, eine eventuell nötige Stichwahl ist für 19. November angesetzt. Die nächste technische Überprüfung durch den IWF wird im Laufe des Novembers stattfinden.