Haiti / Politik

Haiti: Viele Zeichen deuten auf ausländische bewaffnete Intervention

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Immer wieder protestiert die Bevölkerung gegen die eskalierende Unsicherheit im Land
Immer wieder protestiert die Bevölkerung gegen die eskalierende Unsicherheit im Land

San Juan/Port-au-Prince. Die Karibische Gemeinschaft (Caricom) hat für diese Woche ein Treffen anberaumt, um die Lage in Haiti zu erörtern. Der rotierende Präsident des Staatenbundes, Roosevelt Skerrit, erklärte, dass die Caricom eine "entscheidende" Rolle bei der Koordinierung von Beiträgen zu einer Lösung der enormen Sicherheitskrise in Haiti spielen wolle.

Skerrit, amtierender Premierminister von Dominica, betonte auf einer Pressekonferenz, dass für das auf den 6. September angesetzte Treffen die Situation in Haiti, einem Mitglied der Caricom, die "höchste Priorität" habe.

Der Caricom-Präsident bezog sich in seinen Erläuterungen auf den Premierminister von Haiti, Ariel Henry, auf Gespräche mit den USA und Kanada, mit UN-Generalsekretär António Guterres sowie auf die Zusage von Kenia, Polizeikräfte nach Haiti zu entsenden. Alle Genannten befürworten schon länger eine Intervention ausländischer bewaffneter Kräfte in Haiti.

Allerdings wollen die USA nicht selbst mit Truppen in Erscheinung treten und alle Befürworter einer Intervention betonten bislang, dass sie ein Mandat des UN-Sicherheitsrats abwarten würden.

Eine Intervention in Haiti ist im Land selbst und international hoch umstritten. Der Direktor der größten haitianischen Wochenzeitung, Haïti Liberté, Berthony Dupont, wandte sich dieser Tage in einem offenen Brief an den Vertreter der Russischen Föderation im Sicherheitsrat, Dmitry Polyanskiy, und rief dringend zu einem Veto Russlands gegen jede Intervention auf.

Polyanskiy hatte im Juli eine Initiative ergriffen und eine E-Mail-Adresse eingerichtet, um Meinungen und Informationen zu dem Thema von Akteuren in Haiti zu sammeln. Russlands Position bei Beratungen im Sicherheitsrat ist bisher, dass vor einem Mandat für eine Intervention die tatsächliche Lage verstanden werden müsse.

"Die Frage einer internationalen Intervention zur Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit in Haiti sowie zur Bekämpfung der Bandengewalt bleibt sowohl für das haitianische Volk als auch für die internationale Gemeinschaft umstritten" schrieb der russische UN-Botschafter in einer Kurznachricht auf Twitter / X. "Wir erhalten widersprüchliche Informationen darüber, was die Haitianer selbst von dieser Idee halten. Wir laden Sie ein, Ihre Ideen, Meinungen oder Standpunkte zu diesem Thema mit uns zu teilen." Polyanskiy bat weiter darum, dass Beiträge verdeutlichen sollten, "welche politische, soziale Gruppe oder Bewegung Sie vertreten".

Dupont nahm darauf Bezug. Haïti Liberté, "die die Perspektiven vieler popularer und progressiver haitianischer Organisationen vertritt und artikuliert", sei "vollständig und entschieden gegen jede ausländische Militärintervention in Haiti".

Eine solche Intervention sollte keine Legitimität durch die Vereinten Nationen erlangen dürfen, so der Leiter der Zeitung. Die russische Vertretung im Sicherheitsrat solle "ihr Veto gegen jede Abstimmung einlegen, die darauf abzielt, eine solche Truppe in Haiti zuzulassen".

Ein aktuell kursierender Aufruf von Gegnern einer Intervention sieht als Lösung der Sicherheitskrise vorrangig die Umsetzung der Resolution 2653 des UN-Sicherheitsrats, um den Fluss der Waffen nach Haiti zu stoppen. Laut einem Bericht des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) stammen die von den kriminellen Banden im Land verwendeten Waffen und Munition insbesondere aus den USA.

Die zweite Hauptforderung ist die Absetzung von Premierminister Ariel Henry, der nach der Ermordung seines Vorgängers Jovenel Moïse durch kolumbianische Söldner in ungeklärtem Auftrag vor zwei Jahren ohne Wahlen das Amt übernommen hatte.

Indes haben die USA ihre in Haiti lebenden Staatsbürger aufgefordert, das Krisenland zu verlassen. Die US-Botschaft in der Hauptstadt Port-au-Prince riet US-Bürgern in einer am 30. August auf ihrer Website veröffentlichten Warnung, Haiti "so bald wie möglich" mit kommerziellen oder privaten Flügen zu verlassen.