Polizei in Ecuador geht gegen Minderjährige wegen Protesten gegen Gasabfackeln vor

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Pressekonferenz in Quito nach den Festnahmen der fünf Mädchen
Pressekonferenz in Quito nach den Festnahmen der fünf Mädchen

Nueva Loja/Quito. Am 12. März hat das ecuadorianische Militär im Kanton Cascales (Provinz Sucumbíos) fünf der neun Mädchen, die den Staat 2020 erfolgreich vor Gericht wegen des Gasabfackelns bei der Ölförderung im Amazonasgebiet verklagt haben, für zwei Stunden festgesetzt. Leonela Moncayo, eine heute 14-jährige Klimaaktivistin, und vier weitere minderjährige Mitglieder der betroffenen Gemeinden wurden von Uniformierten festgenommen. Sie waren auf dem Weg nach Quito, um die Umsetzung des Urteils zu fordern, das den Staat zur Abstellung von 447 Gasfackeln in der Region Sucumbíos und Orellana verpflichtet. Die Kinder wollten an der nationalen Mobilisierung teilnehmen, zu denen soziale Organisationen und Umweltkollektive unter dem Motto "Schafft die Gasfackeln ab und entzündet das Leben" aufgerufen hatten.

In den Amazonasprovinzen Sucumbíos und Orellana brennen pausenlos über 486 Gasfackeln und setzen dabei über 250 giftige Substanzen frei. Die Schadstoffe vergiften und beeinträchtigen das Leben und die Umwelt im Umkreis von bis zu zehn Kilometern. Laut Rechtsanwalt Pablo Fajardo betreffen von 235 registrierten Krebsfällen 70 Prozent Frauen. Das Gasabfackeln ist einer der klimaschädlichsten Prozesse bei der Ölförderung. Dabei wird das Treibhausgas Methan ausgestoßen, das 28-mal belastender wirkt als Kohlendioxid.

Das Umwelt-Kollektiv Acción Ecológica prangert das Gasabfackeln als überholte Praxis an. Sie werde seit Beginn der Ölförderung durch den US-amerikanischen Ölkonzern Chevron in Ecuador vor über fünf Jahrzehnten heute immer noch vom staatlichen Unternehmen Petroecuador praktiziert.

2021 hatte der Gerichtshof der Provinz Sucumbíos geurteilt, dass der ecuadorianische Staat die Menschenrechte auf eine gesunde Umwelt und auf Gesundheit missachtet und seinen Verpflichtungen zur Eindämmung des Klimawandels nicht nachkommt. Die Regierung wurde verpflichtet, das Gasabfackeln insbesondere in der Nähe bewohnter Gebieten in zwei Schritten zu beenden und den betroffenen Gemeinden Entschädigungen zu zahlen. Die am nächsten gelegenen Gasfackeln sollten innerhalb von 18 Monaten beseitigt werden, während die am weitesten entfernten bis 2030 weiter bestehen könnten.

Die betroffenen indigenen Gemeinschaften prangern an, dass seitdem keinerlei Maßnahmen zur Sanierung der Umwelt ergriffen und ihre Menschenrechte nicht gewahrt wurden. Es erfolgten lediglich öffentliche Entschuldigungen. Außerdem wurden vom Ministerium für Energie und Bergbau eine "Ersatz-Umweltverordnung für die Erdölförderung in Ecuador" sowie zwei technische Berichte über gewohnheitsmäßiges Gasabfackeln vorgelegt.

Vier Jahre nach der Klage, am 21. Februar 2024, berichtete die heute 14-jährige Klimaaktivistin Leonela Moncayo zusammen mit anderen Mädchen erneut in der Nationalversammlung über die, aus ihrer Sicht, falschen Zahlen der Bergbau- und Energieministerin Andrea Arrobo. Die jungen Frauen erklärten, es sei unsinnig zu behaupten, dass in 18 Monaten zwei Gasfackeln abgestellt worden seien, da es zum Zeitpunkt der Nachfrage 447 Gasfackeln gab. Aktuell sei die Zahl vielmehr auf 486 angestiegen.

Ministerin Arrobo behauptet hingegen, die Regierung habe mit der Beseitigung von zwei Gasfackeln dem Urteil bereits entsprochen. Sie kritisierte, dass die Mädchen Panik verbreiteten würden und manipuliert worden seien.

Fünf Tage später explodierte ein improvisierter Sprengsatz vor dem Haus eines der Mädchen in Lago Agrio. In einem Video schildern die Mädchen, dass sie es satt hätten, dass sie und alle Amazonasbewohner:innen verhöhnt werden. Sie täten nichts Falsches, sondern forderten ihr Recht auf ein würdiges Leben ohne Umweltverschmutzung und Respekt für die Umwelt ein. Sie würden nicht aufgeben, sich nicht einschüchtern lassen und in der Hoffnung weiterkämpfen, dass Präsident Daniel Noboa aufhöre, ihre Menschenrechte zu verletzen.

Ihr Anwalt Pablo Fajardo forderte Noboa auf mitzuteilen, wer die übermäßige Kontrolle und das Anhalten der Mädchen von Seiten der Streitkräfte angeordnet habe. Ihm zufolge sei es unglaublich, dass ein ganzer Staat samt Streitkräften, Polizei und Regierung gegen neun Mädchen vorgehe, die nur für ihr Recht auf eine gesunde Umwelt, auf Wasser und auf Gesundheit kämpften, das der Staat verletze.

Auch der Indigenen-Dachverband Conaie fragte, warum der Kampf dieser tapferen Mädchen für eine gesunde Umwelt behindert werde. Der aktuelle "Krieg gegen die Drogen" sei zudem ein Vorwand für die Militarisierung des Landes und damit für die Einschüchterung und Verfolgung sozialer Aktivist:innen, beklagte das Comité Popular 15 de Noviembre.