Fall Ayotzinapa in Mexiko: Eltern der Verschwundenen rufen zum Wahlboykott auf

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Familienangehörige der 43 verschwundenen Studenten von Ayotzinapa fordern Dialog mit dem Präsident López Obrador
Familienangehörige der 43 verschwundenen Studenten von Ayotzinapa fordern Dialog mit dem Präsident López Obrador

Guerrero/Mexiko-Stadt. Familienangehörige der 43 verschwundenen Studenten von Ayotzinapa haben in der vergangenen Woche zum Boykott der mexikanischen Präsidentschaftswahlen im Juni aufgerufen und vermehrte Proteste angekündigt.

Als Gründe nannten sie mangelnde Fortschritte bei der Aufklärung sowie die fehlende Dialogbereitschaft von Präsident Andrés Manuel López Obrador (Amlo). In einem Kommuniqué beklagten die Angehörigen zudem die anhaltende Situation der "Ungewissheit und des Schmerzes".

Zum Wahlboykott rief konkret die Nationale Volksversammlung (ANP) auf, ein Organisationsbündnis sozialer Bewegungen, dem auch die Familien der 43 Studenten angehören. Dieser Aufruf folgte auf die Ankündigung Amlos vom 10. April, ein Treffen mit den Eltern der 43 erst nach den Präsidentschaftswahlen abzuhalten. Damit wolle er verhindern, dass der Austausch als politisches Instrument genutzt werde, erklärte er.

Zehn Jahre nach dem Verschwindenlassen der 43 Studenten lassen deren Eltern nicht nach, Gerechtigkeit und Wahrheit einzufordern. Sie prangern das Scheitern der Untersuchungen unter der aktuellen Regierung an und fordern die Reaktivierung relevanter Ermittlungsansätze. Es gebe Beweise für die Beteiligung des Militärs, denen nachgegangen werden müsse. Dies sowie die Fortschritte der Ermittlungen gelte es im Dialog mit dem Präsidenten zu evaluieren, weshalb ein Treffen nicht aufgeschoben werden dürfe. "Der Fall Ayotzinapa folgt nicht dem Weg des Wahlkampfkalenders, sondern dem der Wahrheit und Gerechtigkeit", heißt es in ihrem Kommuniqué weiter.

Der fehlende politische Wille der Regierung zu einer ernsthaften Aufklärung und die mangelnde Dialogbereitschaft Amlos veranlassten die Eltern, neben dem Aufruf zum Wahlboykott neue Bündnisse mit anderen Teilen der Gesellschaft zu suchen und verstärkte Proteste anzukündigen.

Die Reaktion des Präsidenten erfolgte kurz darauf. Die angekündigten Proteste würden keine Gefahr für die Wahlen darstellen, erklärte er in seiner morgendlichen Pressekonferenz.

Nach einem mehrstündigen Treffen López Obradors mit dem Nationalen Koordinierungsausschuss der Arbeitnehmer im Bildungswesen, versicherte dessen Sprecher, dass der Präsident sowohl die Eltern der 43, ihre Anwälte und die begleitenden Menschenrechtsorganisationen schlussendlich am 3. Juni - einen Tag nach den Wahlen - empfangen wird. Ursprünglich wollte der Präsident nur die Eltern treffen.

Die Eltern der 43 erfuhren laut eigenen Aussagen durch die sozialen Medien vom geplanten Treffen. Ihrer Forderung, einen Dialog vor den Präsidentschaftswahlen zu ermöglichen, kam López Obrador damit nicht nach. Die Familienangehörigen äußerten zudem Bedenken, ob der geplante Dialog letztendlich stattfinden werde.