Venezuela / Politik

Oberstes Gericht in Venezuela beginnt mit der Prüfung des Wahlergebnisses

Ex-Kandidaten und Parteien übergaben Wahlunterlagen. Brasilien, Kolumbien und Mexiko drängen auf Vorlage detaillierter Wahldaten durch den CNE

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Die Wahlkammer des TSJ unter Leitung von Caryslia Rodríguez (M.) beginnt jetzt die Überprüfung aller vorgelegten Wahlunterlagen
Die Wahlkammer des TSJ unter Leitung von Caryslia Rodríguez (M.) beginnt jetzt die Überprüfung aller vorgelegten Wahlunterlagen

Caracas. Die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs von Venezuela (TSJ), Caryslia Rodríguez hat am Samstag bei einer Pressekonferenz mitgeteilt, dass die Wahlkammer die von den politischen Organisationen und von der Wahlbehörde (CNE) eingereichten Materialien analysieren wird. Ebenfalls untersucht werde der Cyberangriff auf den CNE.

"Diese Kammer wird über ein hochqualifiziertes und geeignetes Personal verfügen, das sich der höchsten technischen Standards bedient, um so allen Bürgern zu garantieren, dass wir die Konflikte, die in die ausschließliche Zuständigkeit des venezolanischen Staates fallen, souverän lösen werden", sagte sie.

Der Ex-Kandidat des rechten Oppositionsbündnisses Einheitliche Plattform, Edmundo González, "ist der Vorladung unter Missachtung des höchsten Gerichts und folglich auch der Übersendung des Protokolls oder anderer Materialien nicht nachgekommen", betonte Rodríguez.

Alle anderen Präsidentschaftskandidaten sowie Vertreter der politischen Parteien seien vergangene Woche vor der Wahlkammer des TSJ erschienen, um als Zeugen auszusagen und Wahlunterlagen vorzulegen.

Da der Oberste Gerichtshof die höchste gerichtliche Instanz in Justizangelegenheiten ist, "sind seine Entscheidungen nicht anfechtbar und müssten fristgerecht befolgt werden", so Rodríguez, die auch der Wahlkammer vorsitzt,

Das Gericht griff in den Wahlprozess ein, nachdem Präsident Nicolás Maduro beantragt hatte, die Wahlergebnisse, die ihn zum Sieger erklärten, zu überprüfen und zu validieren. Dieser Schritt erfolgte nach Betrugsvorwürfen der Einheitlichen Plattform, angeführt von María Corina Machado, und nach Bedenken hinsichtlich der Transparenz seitens anderer nationaler und internationaler Kreise.

Nach Angaben des CNE gewann Maduro mit 51,95 Prozent gegenüber 43,18 Prozent für den von den USA unterstützten Kandidaten González.

Die detaillierten Ergebnisse der einzelnen Wahllokale hat die Behörde jedoch auf ihrer Website nicht veröffentlicht und begründet dies damit, dass ihre Arbeit durch einen Cyberangriff beeinträchtigt worden sei.

Am Dienstag übermittelte CNE-Präsident Elvis Amoroso die vom TSJ geforderten Wahlunterlagen, darunter auch aufgeschlüsselte Wahlergebnisse und Gesamtzahlen. Der CNE war zudem aufgefordert, Beweise für den Cyberangriff vorzulegen. Angesichts der Tatsache, dass die Datenübertragung der Behörde ein verschlüsselter Offline-Prozess ist , fordern Experten gründliche Antworten.

Das Oppositionsbündnis lehnt die offiziellen Ergebnisse ab und richtete eine Website ein, die angeblich mehr als 80 Prozent der von ihren Wahlhelfern gesammelten Stimmzettel aus den Wahllokalen enthält. Diese nicht bestätigten Ergebnisse bescheinigen González einen Erdrutschsieg mit fast 70 Prozent der Stimmen.

Die politischen Parteien Venezuelas können Zeugen in den Wahllokalen aufstellen und Kopien der Wahlergebnisse erhalten. Der TSJ forderte diese Belege an, um sie mit den Originalauszählungen der Wahlbehörde zu vergleichen und die Rechtmäßigkeit der Ergebnisse zu bestätigen.

Die Vertreter der drei politischen Parteien, die González auf dem Stimmzettel unterstützt hatten, erschienen am Mittwoch vor dem Gericht, legten aber keine Stimmauszählung vor.

Manuel Rosales von der Partei Un Nuevo Tiempo erklärte dazu, dass sie nicht verpflichtet seien, Beweise vorzulegen, und dass die Website der Plattform alle Kopien enthalte. "Der CNE muss die endgültigen Ergebnisse veröffentlichen", sagte er.

Die Weigerung der Einheitlichen Plattform und das Nichterscheinen von González riefen Kritik von anderen Ex-Kandidaten hervor.

José Brito bezeichnete ihr Verhalten als "aufrührerisch". Javier Bertucci sagte, die Website der Opposition mit den Wahlergebnissen sei ein "Angriff auf den Frieden" und möglicherweise ein "Verstoß gegen das Wahlrecht". Seine Partei habe einige Unterschiede zwischen ihren Wahlergebnissen und den auf der Website veröffentlichten festgestellt.

Daniel Ceballos und Claudio Fermín kritisierten ebenfalls die Nicht-Teilnahme der Plattform und unterstützten die Wahlkammer, um die anhaltende Unsicherheit zu beseitigen.

Als letzte erschienen vor dem TSJ die regierende Vereinte Sozialistische Partei (PSUV) und die anderen zwölf Organisationen, die Maduro unterstützten. Sie legten die von ihren Zeugen gesammelten Stimmzettel und andere vom Gericht geforderte Unterlagen vor.

Präsident Maduro erschien ebenfalls am Freitag vor dem TSJ. In einer anschließenden Pressekonferenz kritisierte er die Opposition dafür, dass sie versucht habe, González zum Präsidenten zu erklären. Ein "hochrangiges Gutachten" habe gezeigt, dass 83 Prozent der auf ihrer Website veröffentlichten Stimmzettel falsch seien, so Maduro.

Auf die Frage nach regionalen Vermittlungsbemühungen sagte er, dass seine Regierung in direkter Kommunikation mit Brasilien, Mexiko und Kolumbien sei und dass ein Treffen mit den jeweiligen Präsidenten bevorstehe.

Unterdessen haben die Außenminister dieser drei Länder ebenfalls am Freitag in einem Kommuniqué erklärt, sie hielten es für "unerlässlich", dass der CNE die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen "aufgeschlüsselt nach Wahllokalen vorlegt". Sie nähmen das vor dem TSJ eingeleitete Verfahren zur Kenntnis und "gehen davon aus, dass der CNE die Einrichtung ist, die von Rechts wegen für die transparente Offenlegung der Wahlergebnisse zuständig ist." Es sei "wünschenswert, eine unparteiische Überprüfung der Ergebnisse zuzulassen und dabei das Grundprinzip der Volkssouveränität zu respektieren."

Zugleich betonen sie "ihre Überzeugung und Zuversicht, dass Lösungen für die derzeitige Situation von Venezuela ausgehen müssen". Die Gespräche auf hoher Ebene würden fortsetzen werden, so die Außenminister. Ihre Regierungen seien weiterhin bereit, "die Bemühungen um einen Dialog und die Suche nach Verständigung zu unterstützen, die zu politischer Stabilität und Demokratie im Land beitragen."