La Via Campesina: Erklärung von Bogotá

Abschlusserklärung der 8. Internationalen Konferenz von La Vía Campesina

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Die 8. Konferenz von La Via Campesina fand in Bogotá statt
Die 8. Konferenz von La Via Campesina fand in Bogotá statt

Mehr als 400 Delegierte von La Via Campesina ( LVC), die 185 Organisationen und Bewegungen aus 83 Ländern vertreten, sind zusammen mit Verbündeten in Bogotá, Kolumbien, versammelt, um vom 1. bis 8. Dezember 2023 unsere 8. internationale Konferenz abzuhalten.

Wir, die Bauern und Bäuerinnen, Landarbeiter und Landarbeiterinnen, Landlosen, indigenen Völker, Viehzüchter und Viehzüchterinnen, handwerkliche Fischer und Fischerinnen, Waldbewohner und Waldbewohnerinnen, Landfrauen, Jugendliche, Diverse und andere Menschen, die in der ganzen Welt auf dem Land arbeiten und in La Via Campesina vereint sind, erklären: "Angesichts der globalen Krisen bauen wir Ernährungssouveränität auf, um eine Zukunft für die Menschheit zu sichern" in Richtung auf ein gerechtes und menschenwürdiges Ernährungssystem für alle, das die Bedürfnisse der Menschen anerkennt, die Natur respektiert, den Menschen vor den Profit stellt und sich der Vereinnahmung durch die Unternehmen widersetzt.

Die 8. Konferenz findet zu einem Zeitpunkt statt, zu dem die kolumbianischen sozialen Bewegungen einen wichtigen politischen Sieg feiern, nämlich die Schaffung einer Agrargerichtsbarkeit und die Anerkennung der Bauern als politische Subjekte mit Rechten in der Verfassung. Unsere Beteiligung an der Überwachung und Weiterverfolgung des Friedensabkommens in Kolumbien spornt uns als Bauern an, weltweit Frieden weiter aufzubauen.

Wir feiern 30 Jahre bäuerliche Bewegung

In den letzten drei Jahrzehnten haben wir unermüdlich gegen die Kommerzialisierung von Nahrung und Natur und für soziale Gerechtigkeit, Würde und die Anerkennung unserer Rechte gekämpft. Kollektiv und mit unseren Verbündeten haben wir den Aufbau der Ernährungssouveränität vorangetrieben, wir haben auf Reformen des Ausschusses für Welternährungssicherheit (CFS) gedrängt, damit unsere bäuerlichen Stimmen gehört werden, wir haben mit popularem bäuerlichem Feminismus den Kampf gegen das Patriarchat aufgegriffen und wir haben die bäuerliche Agrarökologie als Antwort auf die globale Erwärmung und als Weg zur Erzeugung gesunder Lebensmittel im Einklang mit der Natur popularisiert. Eine grundlegende Errungenschaft dieser Jahre war die Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der Bauern und Bäuerinnen und anderer in ländlichen Gebieten arbeitender Menschen (UNDROP) und die Annahme eines speziellen Mechanismus bei den Vereinten Nationen zur Stärkung ihrer Umsetzung und Überwachung.

In all diesen Jahren lautete unser Leit- und Einheitsmotto "Den Kampf um weltweite Hoffnung globalisieren"

Wir sind mit globalen Krisen konfrontiert

Wir leben heute inmitten gleichzeitiger, intensiver und lang anhaltender Krisen. Die strukturelle Krise des kapitalistischen Systems, die Klima-, Umwelt- und Gesundheitskrise haben den Planeten in eine Notlage versetzt, die das Leben der Menschheit und anderer Lebensformen auf der Erde bedroht. Die Covid-19-Gesundheitskrise hat zu einer massiven Desorganisation geführt und die Ungleichheiten weltweit verstärkt. So entsteht die Barbarei in Form von Hass, Gewalt, Unterdrückung und Faschismus: Die herrschenden Eliten bieten den Volksschichten Desinformation, Manipulation und Hass.

Diejenigen, die uns und die Armen ausbeuten und sich all unsere Ressourcen aneignen, finanzieren die ethnischen Säuberungen, völkermörderischen Strategien und das Morden durch Kriege im Jemen, in Palästina, Haiti, Chiapas, Syrien, Libyen, Sudan, der Ukraine und vielen anderen Ländern und Regionen. Millionen auf dem Land lebende Menschen werden zur Migration gezwungen, viele verlieren ihr Leben, andere leben als Geflüchtete ohne Würde.

Angesichts dieser Herausforderungen haben wir, La Via Campesina, die Solidarität als Eckpfeiler für soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte geschaffen und gestärkt.

Wir stehen in Solidarität mit dem palästinensischen Volk und seinem Kampf um Selbstbestimmung gegen die illegale israelische Besatzung. Wir verurteilen den anhaltenden völkermörderischen Krieg in Palästina und fordern einen sofortigen Waffenstillstand! La Via Campesina hat sich daher dem Boykott der COP28 in Dubai angeschlossen und damit auch die Heuchelei der gastgebenden Regierung aufgezeigt.

Wir sind solidarisch mit unseren Mitgliedsorganisationen in Haiti, Niger, Sudan und mit allen Völkern, die von Konflikten im Irak, in Chiapas, Myanmar, der Ukraine, Libyen, Syrien, Eritrea und vielen anderen Ländern in ähnlicher Lage betroffen sind.

Wir verurteilen die Fortsetzung der kriminellen Blockade, die die Vereinigten Staaten gegen Kuba verhängt haben. Wir unterstützen auch voll und ganz das venezolanische Volk in seiner Forderung nach Aufhebung der Blockade und in seiner Verteidigung der Bolivarischen Revolution.

Wir bekräftigen unsere Unterstützung und Solidarität mit den Opfern der Klimakrise und der Naturkatastrophen, die die Türkei, Marokko, Nepal, Libyen und viele andere Länder getroffen haben.

Angesichts der zahlreichen globalen Krisen bauen wir Ernährungssouveränität auf, um der Menschheit Zukunft zu sichern

Heute wissen wir mehr denn je, dass Ernährungssouveränität, bäuerliche Agrarökologie sowie bäuerlicher und popularer Feminismus die Lösungen zur Stärkung lokaler Ernährungssysteme bieten, und unerlässlich sind im Kampf gegen den Hunger, die Klimakrise, den grünen Kapitalismus und seine falschen Lösungen und für eine gesunde Ernährung, die Erhaltung der biologischen Vielfalt, die Achtung der Rechte der Bauern und Arbeiter und den Aufbau einer Welt der Gerechtigkeit, der Gleichheit und des Friedens.

Stärkung der Ernährungssouveränität

Wir fordern die Beteiligung an der Ausarbeitung und Umsetzung öffentlicher Maßnahmen, die neue Beziehungen zwischen denjenigen, die Lebensmittel produzieren, und denjenigen, die sie konsumieren, denen die in ländlichen und die in städtischen Gebieten leben, gewährleisten und faire Preise garantieren, so dass ein angemessenes Einkommen für alle, die auf dem Land produzieren, sowie ein fairer Zugang zu gesunden Lebensmitteln für die Verbraucher ermöglicht werden.

Wir werden weiterhin auf Vorschläge für eine wirksame Regulierung des Marktes für Betriebsmittel drängen, um nicht nur die Fähigkeit der Bauern zu unterstützen, Lebensmittel zu produzieren, sondern auch einen gerechten und gut geplanten Übergang zu agrarökologischen Anbaumethoden sicherzustellen.

Wir werden weiterhin für eine radikale Änderung der internationalen Handelsordnung kämpfen. Die WTO sollte durch ein neues globales Rahmenwerk für Handel und Landwirtschaft ersetzt werden, das auf Ernährungssouveränität, Zusammenarbeit und Solidarität beruht.

Deshalb berufen wir gemeinsam mit unseren Verbündeten das Globale Nyéléni-Forum im Jahr 2025 ein, um weiter populare Allianzen für Ernährungssouveränität aufzubauen und eine von den Menschen getragene Ernährungspolitik anzustreben, nicht von transnationalen Konzernen.

Vollständige Verwirklichung der Rechte der Bauern und Bäuerinnen

Wir fordern weiterhin die vollständige Umsetzung des UNDROP auf allen Ebenen, damit die Rechte der Bauern und Bäuerinnen in den Territorien verwirklicht werden. Eine dringende Aufgabe ist die Durchführung der popularen und umfassenden Agrarreform. Es ist Zeit für eine internationale Konferenz über Agrarreform und ländliche Entwicklung, um die Privatisierung und Aneignung von Territorien und Gemeingütern durch die transnationalen Konzerne zu stoppen.

Wir schlagen eine radikale Umstellung auf die Agrarökologie vor, um die Herausforderung zu meistern, genügend gesunde Lebensmittel zu produzieren und gleichzeitig die biologische Vielfalt wiederzubeleben und die Erderwärmung umzukehren. Bäuerliche Agrarökologie ist das einzige Modell der Nahrungsmittelproduktion, das den Fortbestand des Lebens auf unserem Planeten garantiert.

Wir werden weiterhin bäuerliche und indigene Saatgutsysteme verteidigen und stellen uns gegen die Umsetzung multilateraler Verträge für den Zugang zu Saatgut, indem wir uns gegen Biopiraterie und die Patentierung von Saatgut einsetzen.

Als LVC bekräftigen wir unser Engagement für die Sache der Landarbeiter und Landarbeiterinnen zur Verteidigung der Arbeits- und Sozialrechte, für den Kampf gegen das agroindustrielle Modell und die Kriminalisierung sowie für eine globale Politik bäuerlicher Rechte, die Zwangsmigration verhindert und denjenigen, die sich für die Migration entscheiden, Rechte garantiert.

Die Stärkung unserer Bewegung: Interne Prozesse, Solidarität und Allianzen

La Via Campesina ist eine einzigartige Bewegung, eingebettet in die Vielfalt und Stärke ihrer Mitgliedsorganisationen auf der ganzen Welt. Wir fahren fort, eine stärkere und größere Bewegung aufzubauen: auf dieser Konferenz feierten wir die Aufnahme der zehnten LVC-Region, der arabischen Region und Nordafrika (ArNA).

In unserer Bewegung sind wir davon überzeugt, dass der bäuerliche und populare Feminismus unser Weg des Kampfes gegen das Patriarchat und für die Gleichberechtigung ist, und dass die Vielfalt das Herzstück der Ernährungssouveränität in allen Gebieten ist. Wir kündigen die Gründung unserer Internationalen Artikulation der Vielfalt an, Schulter an Schulter mit dem feministischen Kampf. Im Kampf gegen das Patriarchat werden die Männer von La Vía Campesina weiterhin einen Raum des Studiums und der Selbstreflexion aufbauen, in dem Engagement und Verantwortung übernommen werden.

Wir werden unsere Aktionen auf die jungen Menschen konzentrieren, sie sind unsere Hoffnung für eine bessere Gegenwart und Zukunft. Deshalb werden wir die Beteiligung und Vertretung junger Menschen in politischen Entscheidungsräumen von einem Jugendmitglied pro Kontinent auf ein Jugendmitglied pro Region erhöhen.

Wir verpflichten uns, unsere Ausbildungsprozesse zu vertiefen, um unsere Organisation und die politische, ideologische und fachliche Ausarbeitung unserer Vorschläge zu stärken.

Obwohl unsere Bewegung die Kämpfe der bäuerlichen Welt artikuliert, engagieren wir uns für den Aufbau von Solidarität auf allen Ebenen. Deshalb sind wir bestrebt, unsere Bündnisse weiter zu stärken und zu erweitern.

Nach 30 Jahren machen wir Fortschritte beim Aufbau von Ernährungssouveränität und Hoffnung. Zusammen mit der zunehmenden Anerkennung der Bauern und Bäuerinnen als politische Subjekte begrüßen wir die Aufwertung der Bauernschaft, was die Bereitschaft vieler Menschen, auf das Land zurückzukehren, fördert. Wir feiern Siege der bäuerlichen Bewegungen in der ganzen Welt. Vereint in der Vielfalt organisieren, mobilisieren und marschieren wir weiter, um eine Zukunft für die Menschheit zu sichern.

Angesichts der globalen Krisen bauen wir Ernährungssouveränität auf, um eine Zukunft für die Menschheit zu sichern!

Globalisierung des Kampfes, Globalisierung der Hoffnung!