Bolivien / Soziales

Boliviens Staat erobert Bildung zurück

Regierung des südamerikanischen Landes will Schulen und Universitäten wieder unter staatliche Kontrolle bringen

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Präsident Evo Morales auf der Pressekonferenz
Erklärt die "Bildungsrevolution": Präsident Evo Morales auf der Pressekonferenz

La Paz. Die bolivianische Regierung unter Präsident Evo Morales hat angekündigt, länger bestehende Pläne zur Reform des Bildungssystems nun umzusetzen. Nach Verabschiedung der neuen Verfassung zur "Neugründung Boliviens" im Januar 2009 soll eine entsprechende Gesetzesnovelle bis spätestens Ende Januar 2011 in Kraft treten. "Nur durch eine bessere Bildung des Volkes kann die Entwicklung der Nation voranschreiten", erklärte Boliviens Präsident Evo Morales dazu am Mittwoch in La Paz.

Auf einer Pressekonferenz in der Präsidentenresidenz hatte der nach einer Knieoperation genesene Morales die Eckpunkte der Bildungsreform vorgestellt. Das "Bildungsgesetz Abelino Siñani - Elizardo Pérez" werde dem Plurinationalen Parlament in den kommenden Wochen zur Debatte vorgelegt. Die regierende "Bewegung zum Sozialismus" (MAS) verfügt dort über eine komfortable Zweidrittel-Mehrheit. Der Reformentwurf sei erst nach einer langen Beratungszeit und "im Konsens mit Lehrerschaft und Eltern" erarbeitet worden, bekräftigte der anwesende Bildungsminister Roberto Aguilar.

Die Bildung habe den Auftrag, die "einheitliche und ganzheitliche Idee der Nation zu bewahren", so der Bildungsminister und Ex-Präsident der verfassunggebenden Versammlung. So werden die "Bildungsbehörden der Departements" (SDE) wieder unter Aufsicht des Ministeriums in der Hauptstadt gestellt. Die Bildungsreform der neoliberalen Regierung unter Gonzalo Sánchez de Lozada hatte die SDE im Jahr 1994 nach föderalistischem Vorbild unter die Kontrolle der landesweit neun Präfekturen gebracht.

Nun kommt dem Zentralstaat nach Jahren von Privatisierung und Deregulierung wieder eine entscheidende Rolle zu. Auch die Ausbildung der Lehrer soll komplett unter staatliche Aufsicht gestellt werden. Die Gleichstellung aller Religionen und der "laizistische Charakter" hatten im mehrheitlich katholischen Andenland zuletzt zu heftigen Konflikten mit der katholischen Kirche geführt. Denn das neue Gesetz bezeichnet die Bildung als "antikolonial, befreiend, revolutionär, antiimperalistisch, antipatriarchalisch" und "transformatorisch in Bezug auf wirtschaftliche und soziale Strukturen".

Verantwortlich für Sicherung und Qualität der kostenfreien Bildung seien Gesellschaft und der Staat. Zwischen Stadt und Land, privat und staatlich dürfe es keine Unterschiede mehr geben. Ziel der "Bildungsrevolution" sei eine Bildung, die "für die soziale Gerechtigkeit und Gleichheit zwischen allen Bolivianern erzieht", so Morales.

Entgegen in privaten Tageszeitungen und TV-Sendern verbreiteten Informationen werde das System der Privatschulen- und Universitäten "garantiert" und könne weiter bestehen.