Honduras

Berichte über Tote in Honduras

Der gewählte Präsident findet Zuflucht in Botschaft Brasiliens. Polizei und Armee gehen gegen Aktivisten der Demokratiebewegung vor

tote-727393-honduras_0.jpg

Berichte über Tote in Honduras
Mit gezückter Pistole: Motorradpatrouille der Polizei

Tegucigalpa. In Honduras ist es am Tag nach der Rückkehr des gewählten Präsidenten Manuel Zelaya zu einer massiven Zunahme der Polizei- und Militärgewalt gekommen. Das geht aus zahlreichen Berichten von sozialen Gruppen und Menschenrechtsorganisationen hervor, die über Email verbreitet wurden. Im Land hat das Putschistenregime unter Führung des ehemaligen Parlamentspräsidenten Roberto Micheletti die Presse- und Kommunikationsfreiheit indes erheblich eingeschränkt. Betroffen waren erneut der Radiosender Globo und der Fernsehkanal 36, die einzigen beiden landesweit zu empfangenden Medien, die nicht von den Machthabern kontrolliert werden.

Manuel Zelaya ist am gestrigen Montagvormittag überraschend in der Hauptstadt Tegucigalpa aufgetaucht. Knapp drei Monate nach dem Staatsstreich war er - offenbar über den Landweg - wieder nach Honduras zurückgekehrt. Zuvor waren zwei Heimkehrversuche gescheitert. Nachdem es zunächst hieß, der 57-Jährige halte sich in dem Sitz der Organisation der Vereinten Nationen auf, meldete sich Zelaya am frühen Nachmittag aus der brasilianischen Botschaft. Der linksliberale Politiker war am 28. Juni von einem Militärkommando entführt und außer Landes geschafft worden.

Das Putschregime reagierte panisch. Nachdem Machthaber Micheletti die Präsenz des gewählten Präsidenten zunächst leugnete, übte er wenig später scharfe Kritik an den wenigen unabhängigen Medien, die Live-Bilder Zelayas ausstrahlen. Sie machten sich dadurch eines "Medienterrorismus" schuldig, so Micheletti. Wenig später erließ das Regime eine 26-stündige Ausgangssperre von vier Uhr nachmittags bis 6 Uhr morgens. Die Mobilfunknetze des größten Betreibers Tigo wurden gesperrt, Medien zunächst vorübergehend abgeschaltet. Am Dienstagvormittag besetzten Militärs dauerhaft die Senderäume des TV-Kanals 36. Zugleich wurden die Zufahrtsstraßen nach Tegucigalpa von der Armee gesperrt. Radio Globo hatte zuvor berichtet, dass tausende Menschen aus dem Landesinneren in die Hauptstadt unterwegs seien.

Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen kam es beim massiven Vorgehen der Polizei- und Armeekräfte gegen tausende Aktivisten der Demokratiebewegung vor der Botschaft Brasiliens zu einer bisher unbekannten Zahl von Verletzten. Die Menschen hatten seit Montag in den Straßen um die diplomatische Vertretung campiert, um den Präsidenten zu schützen. "Wir wissen nicht, wie viele Verletzte und ob es Tote gegeben hat", sagte Bertha Oliva, die Koordinatorin der Menschenrechtsorganisation COFADEH. Es werde aber befürchtet, dass die Machthaber die Erstürmung der Botschaft planen. Inzwischen warnten Zelaya und Vertreter der brasilianischen Regierung das Putschregime vor einem Angriff auf die Botschaft. Stattdessen erklärte der "Außenminister" der Putschisten, Carlos López Contreras, Micheletti sei zu Gesprächen mit dem gewählten Präsidenten bereit, sofern dieser zunächst den Wahlprozess anerkenne.

Nach Berichten von Jesús Garza von der Menschenrechtsorganisation CHAAC wurde am Dienstag in der Stadt San Pedro Sula ein Jugendlicher von Polizisten erschossen. Er habe die Beamten, als sie in einem Streifenwagen vorbeifuhren, als "Putschisten" betitelt. Auch im Stadtteil "Colonia Honduras" der Hauptstadt Tegucigalpa wurde Aktivistenberichten zufolge eine Einwohnerin mit einem Bauchschuss getötet. Sie habe Nachbarn zur Hilfe eilen wollen, als diese von der Polizei angegriffen wurden. Die argentinische Tageszeitung Página 12 gibt die Zahl von drei Toten an. 300 Aktivisten seien festgenommen worden, mindestens 35 Verletzte mussten in den Krankenhäusern behandelt werden.

Unabhängige Berichte über Tote und Verletzte gibt es nicht, weil zivile Organisationen massiv an der Ausübung ihrer Arbeit behindert werden. Die Justiz arbeitet seit dem Putsch zudem nicht mehr unabhängig.


Der Text baut auf eine Meldung auf, die am 22.09.2009 im Onlinemagazin Telepolis erschien.

Foto: nicaraguaymasespanol.blogspot.com