Wahlen in Bolivien 2020

Am 18. Oktober finden nach mehrfacher Verschiebung erstmals wieder Präsidentschafts- und Parlamentswahlen seit dem Putsch gegen Präsident Evo Morales statt.

Unterlegener Kandidat Mesa räumt Niederlage ein

Der in den Hochrechnungen weit abgeschlagen auf dem zweiten Platz gelandete Carlos Mesa hat seine Niederlage eingeräumt und Luis Arce und der MAS zum "eindeutigen" Sieg gratuliert. Zwar handle es sich um keine endgültigen und offiziellen Ergebnisse, jedoch sei die Hochrechnung so eindeutig, dass "diejenigen, die an die Demokratie glauben, ob es ihnen passt oder nicht, zugeben müssen, dass es bei dieser Wahl einen klaren Sieger gab".

Er verkündete bereits, seine Zukunft als Oppositionsführer im Parlament zu sehen.

Auch der ehemalige Präsident Jorge Quiroga, der seine Kandidatur in diesem Jahr kurz vor der Wahl wegen Aussichtslosigkeit zurückgezogen hatte, gratulierte Arce. Er habe zwar enorme politische Differenzen mit Arce, müsse "als Demokrat" die Niederlage aber eingestehen. Er wünsche der neuen Regierung "viel Erfolg", vor allem in Bezug auf die wirtschaftlichen Herausforderungen, die vor Bolivien lägen.

Weitere Glückwünsche an MAS und Arce

Nicht nur Luis Almagro und die OAS sehen die Wahl als entschieden, auch verschiedene, wenngleich befreundete Politikerinnen und Politiker schickten über Twitter bereits Glückwünsche nach Bolivien.

Der Präsident von Argentinien, Alberto Fernández, schrieb, der Sieg sei "nicht nur eine gute Nachricht für diejenigen, die die Demokratie in Lateinamerika verteidigen", sondern auch ein "Akt der Gerechtigkeit nach den Agressionen, die das bolivianische Volk erleiden musste".

Seine Vize-Präsidentin, Cristina Fernández de Kirchner, gratulierte Arce und seinem Vize-Kandidaten Choquehuanca zu einem "großen Erfolg".

Der ehemalige Präsident von Ecuador, Rafael Correa, schrieb: "Bolivien ist wieder in den Händen seines Volkes, und wie! (...) Was für eine Strafe für den kriminellen rechten Flügel Boliviens, seine mitschuldig gewordene Presse, Almagro und seine Schergen! Bald wird auch Ecuador zurückkehren!"

Miguel Díaz-Canel, der Präsident von Kuba, beglückwünschte die MAS, "die sich an den Urnen erholt, und die Macht, die von der Oligarchie mit der Komplizenschaft der OAS und der imperialen Führung usurpiert wurde, wiedergewonnen hat. Das bolivarianische Ideal wird wiedergeboren".

Der frühere Präsident von Honduras, Manuel Zelaya, erinnerte an den vor einem Jahr gestürzten Präsidenten Evo Morales: "Evo gewinnt aus dem Exil. Luis Arce ist der neue Präsident. Das bolivianische Volk hat zum Gegenschlag gegen die Putschisten und Betrüger ausgeholt."

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Luis Almagro von der OAS gratuliert Arce bereits zum Wahlsieg

Auch wenn die offiziellen Ergebnisse nach wie vor nicht vorliegen und die offizielle Auszählung nur sehr schleppend vorangeht, gehen trotzdem weiter Glückwünsche in Richtung von Luis Arce und der MAS.

Einer sticht dabei besonders heraus. OAS-Generalsekretär Luis Almagro schrieb vor einer halben Stunde über Twitter: "Das bolivianische Volk hat sich an der Wahlurne geäußert. Wir gratulieren Luis Arce und David Choquehuanca. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrem künftigen Wirken. Ich bin sicher, dass sie aus einem demokratischen Ansatz heraus wissen, wie Sie Ihrem Land eine glänzende Zukunft bescheren können. Eine Anerkennung meinerseits für das bolivianische Volk."

Almagro und die OAS hatten nach der Wahl im vergangenenen Jahr mit ihren später widerlegten Vorwürfen des Wahlbetrugs noch den Weg bereitet für den Sturz von Evo Morales und die Errichtung der schließlich fast ein Jahr andauernden Herrschaft einer De-facto-Regierung. Nun scheinen bereits die Hochrechnungen die OAS und Almagro zu überzeugen.

Hochrechnung sagt MAS-Mehrheit auch im Senat voraus

Neben der Wahl für das Präsidentenamt stimmten die Bolivianer gestern auch über Abgeordnete für den Senat und das Abgeordnetenhaus ab. Aus diesen beiden Kammern setzt sich die Plurinationale Legislative Versammlung Boliviens zusammen.

Nach Hochrechnung des Meinungsforschungsinstituts Ciesmori hat die MAS auch bei den Sitzen im Senat eine Mehrheit erringen können. Demnach kommt die MAS auf 19, die Comunidad Ciudadana von Carlos Mesa auf elf und Creemos auf vier Sitze. Zu einer 2/3-Mehrheit würde es für die MAS nicht reichen, wenn sich diese Ergebnisse nach der offiziellen Auszählung bestätigen sollten.

Für das Abgeordnetenhaus liegen laut der Zeitung El Deber keine Hochrechnungen vor. Dies sei wegen der Komplexität der Errechnung der Ergebnisse nicht möglich. In diesem Fall müsse auf die Veröffentlichung der Ergebnisse durch das Oberste Wahlgericht gewartet werden.

"Kommende Tage entscheidend für Konsolidierung der Demokratie in Bolivien"

Der Journalist und Bolivien-Experte Ollie Vargas von Kawasachun News hat über seinen Twitter-Kanal einige Feiermomente von MAS-Anhängern einfangen und konnte ein kurzes Interview mit Luis Arce führen.

Trotz der Trends müsse daran erinnert werden, dass es bisher nur Hochrechnungen sind, wenngleich diese überaus deutlich ausfallen: "Die nächsten Tage werden für die Konsolidierung der Demokratie in Bolivien von entscheidender Bedeutung sein. Die MAS wird die patriotischen Elemente innerhalb der Polizei und des Militärs umarmen müssen, um sicherzustellen, dass die USA/Murillo keinen zweiten Staatsstreich gegen die Mehrheit der Bolivianer verüben", so der Kenner des Landes.

MAS-Kandidat Arce gewinnt Wahl wohl mit absoluter Mehrheit

Den ersten Hochrechnungen zufolge hat die Bewegung zum Sozialismus (Movimiento al Socialismo, MAS) die gestrige Wahl mit absoluter Mehrheit gewonnen. Luis Arce hätte demnach rund 52 Prozent der Stimmen erreicht, der schärftste Herausforderer Carlos Mesa käme nur auf 31 Prozent. Die amtierende Interimspräsidentin Jeanine Áñez gratulierte Arce bereits via Twitter zum Wahlsieg. Die endgültige Bekanntgabe der Wahlergebnisse wird für Mittwoch erwartet.

Weitere Informationen folgen in Kürze...

Nachtruhe für den Ticker

Für alle, die den Fortschritt der Auszählung verfolgen wollen, gibt es hier auf der Seite der bolivianischen Wahlbehörde alle aktuellen Daten.

Wir verabschieden uns für heute Nacht. Morgen geht es weiter. Dann vielleicht schon mit den ersten Tendenzen und Ergebnissen.

Vielen Dank an alle Leser, die heute mit dabei waren!

Senatskandidat "befürchtet" im Gespräch mit amerika21 Sieg der MAS im ersten Wahlgang

Im Gespräch mit unserem Autor Andreas Hetzer äußert der Senatskandidat der Comunidad Ciudadana in Santa Cruz, Luis Fernando Ortiz, dass er einen Sieg von MAS-Kandidat Luis Arce in der ersten Runde befürchte. Er berichtet von einer durchgeführten Nachwahlbefragung ("boca de urna"): "Es gibt das Gerücht, dass Arce gewinnt", so Ortiz gegenüber amerika21.

Die Bekanntgabe des offiziellen Wahlergebnisses durch das Oberste Wahlgericht soll jedoch erst nach einer Woche, also kommenden Sonntag erfolgen, so die Informationen des Kandidaten. Bis dahin gebe es aber bestimmt schon eine eindeutige Tendenz, wer die Wahl gewinnen wird. Wahrscheinlich sogar schon morgen.

Auszählung der Stimmen hat begonnen

In Bolivien hat die Auszählung der Stimmen für die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen begonnen. Seit 17 Uhr (23 Uhr MEZ) wurden bereits die Wahlzettel im Ausland gezählt, seit 18 Uhr (0.00 Uhr MEZ) nun auch die Stimmen aus Bolivien.

Der Präsident des Obersten Wahlgerichts, Salvador Romero, sprach von einem "friedlichen Wahltag" mit "sehr großer Wahlbeteiligung".

An der Stimmenauszählung könne "jeder Bürger" teilnehmen. Auch das Fotografieren des Zählaktes sei erlaubt. Man wolle mit diesen Maßnahmen "Transparenz und Sicherheit schaffen".

In Madrid soll die MAS übrigens mit großem Abstand die meisten Stimmen bekommen haben, wie Kawsachun News berichtet. Auch in Argentinien scheint die MAS weit vornezuliegen. Abzuwarten bleibt, ob es in dieser Richtung weitergeht und die MAS auch in Bolivien ausreichend Stimmen holen wird, um die Präsidentschaft vielleicht schon im ersten Wahlgang zu holen.

In zwei Wahllokalen wurde 1.300 Indigenen die Abstimmung verwehrt

Wie die Zeitung La Época berichtet, konnten in der Stadt San Miguel de Velasco, im Departamento Santa Cruz, 1.300 Indigene ihre Stimme bei der heutigen Wahl nicht abgeben.

Für sie hätten notwendige "Spezialwahlzettel" gefehlt, mit der sie ihre indigenen Vertreter hätten wählen können. Das bestätigte auch Miguel Vargas vom Centro de Estudios Jurídicos e Investigación Social (CEJIS) gegenüber unserem Autor Andreas Hetzer.

Die Wahlzettel wurden schlicht nicht geliefert von der zuständigen Behörde. Die Abstimmung wurde anschließend im betroffenen Wahllokal ausgesetzt.

Aida Micaela Gil Melgar, Kandidatin der Organisation der Chiquitanischen Ureinwohner (OICH), äußerte sich sehr besorgt. Die Abstimmung müsse in jedem Fall wiederholt werden, so Gil Melgar gegenüber La Época.

Wahllokale schließen, versuchte Militär Wähler einzuschüchtern?

Jetzt Um 17 Uhr (23 Uhr deutscher Zeit) schließen die Wahllokale in Bolivien. In Santa Cruz war schon seit ein paar Stunden nur noch wenig los, die meisten Wähler schienen ihre Stimme bereits bis zum Mittag abgegeben zu haben, wie unser Autor Andreas Hetzer berichtet. Die allgemeine Wahlpflicht bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass auch wirklich alle Wähler abgestimmt haben.

Leonardo Flores, der für die US-amerikanische Bürgerrechtsbewegung Codepink die Wahlen in Bolivien beobachtet, zitiert auf Twitter einen bolivianischen Menschenrechtler, wonach einige Wähler sich durch die enorme Militär- und Polizeipräsenz am gestrigen Abend in der Hauptstadt (amerika21 berichtete) hätten abschrecken lassen, wählen zu gehen.

Der Journalist Santiago Botón berichtet mit Fotos von Militärpräsenz in Wahllokalen in Buenavista (Santa Cruz) und Yapacani.

Ähnliche, jedoch bisher unbestätigte Meldungen gingen am Nachmittag auch über den Presseverteiler des Obersten Wahlbehörde (OEP).

Auch die bolivianische Zeitung La Razon berichtete von Präsenz von Militärs vor Wahllokalen in La Paz.

Trotz dieser Meldungen ist der Wahltag bislang jedoch überwiegend ruhig verlaufen.

Einige Politiker der Linken wurden jedoch beim Abgeben ihrer Stimmen attackiert, wie die Senatspräsidentin und MAS-Politikerin, Eva Copa.