Ecuador / Menschenrechte

Oberster Gerichtshof in Ecuador entkriminalisiert Sterbehilfe

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Die Klage von Paola Roldán vor dem Obersten Gerichtshof in Ecuador hatte Erfolg
Die Klage von Paola Roldán vor dem Obersten Gerichtshof in Ecuador hatte Erfolg

Quito. In einer außerordentlichen Sitzung hat der Oberste Gerichtshof von Ecuador mit sieben zu zwei Stimmen entschieden, die Sterbehilfe unter bestimmen Bedingungen zu entkriminalisieren.

Sie soll dann zulässig sein, wenn die Sterbehilfe von einem Arzt vorgenommen wird, die betroffene Person nach ihrer eindeutigen und informierten Zustimmung diese beantragt (oder das durch eine:n Vertreter:in tut, falls sie selbst nicht dazu in der Lage ist) und an einer schweren und unheilbaren Krankheit oder Verletzung leidet.

Die Richter:innen fordern die Nationale Menschenrechtsinstitution (Defensoría del Pueblo) dazu auf, innerhalb der nächsten sechs Monate einen Gesetzesentwurf auszuarbeiten. Anschließend hat dann das Parlament ein Jahr Zeit, ihn zu diskutieren und zu verabschieden.

Das Gesundheitsministerium soll in den nächsten zwei Monaten eine Verordnung erlassen, welche die Sterbehilfe gemäß dem Urteil übergangsweise regelt.

Zugrunde liegt der richterlichen Entscheidung der Fall von Paola Roldán, die im August 2023 ihre Klage vor den Obersten Gerichtshof gebracht hatte. Sie leidet seit drei Jahren an Amyotropher Lateralsklerose, einer unheilbaren Krankheit, die Teile des Nervensystems zerstört und dadurch zu Bewegungsunfähigkeit und schließlich zum Tod führt.

Nach verschiedenen erfolglosen Behandlungen entschied sich Roldán, bereits bettlägerig, ihr Schicksal publik zu machen. Sie nahm sich ein Anwaltsteam und führte eine intensive öffentliche Kampagne. Nun hat der Oberste Gerichtshof ihrem Anliegen in den wesentlichen Forderungen entsprochen.

Das Urteil stößt jedoch auch auf Kritik, etwa in der Katholischen Kirche. Die Bischofskonferenz nannte das Urteil in einem Kommuniqué vom 14. Februar "teuflisch", da das menschliche Leben "heilig und unantastbar" sei. Weiterhin drückte sie ihre Besorgnis aus, dass die aus ihrer Perspektive unklare Definition von "schwerer und unheilbarer Krankheit" dazu führen könnte, dass Menschen mit psychischen Störungen getötet werden könnten. Schließlich kritisierte sie noch, dass das Urteil die Armen diskriminieren würde, da nur wenige Prozent der Bevölkerung Zugang zu palliativer Medizin als Alternative zur Sterbehilfe hätten.

Róldan selbst zeigte sich bewegt und sagte in einem Pressegespräch: "Ich danke denen, die mich unterstützt haben, und auch meinen Gegnern. Der Kampf für die Menschenrechte ist niemals ein einfacher Weg. Heute ist Ecuador ein herzlicheres, freieres und würdigeres Land".

Ecuador ist mit dieser Entscheidung nach Kolumbien das zweite in Lateinamerika, das Sterbehilfe zulässt.