Guatemala / Politik

Trauer in Guatemala nach Mord an indigenem Sänger

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Der gewaltsame Tod des indigenen Sängers Farruko Pop bewegt Guatemala
Der gewaltsame Tod des indigenen Sängers Farruko Pop bewegt Guatemala

Guatemala-Stadt/Livingston. Nach dem gewaltsamen Tod des indigenen Sängers Jorge Sebastian Pop Chocoj verdichten sich die Hinweise auf eine Täterschaft aus dem Umfeld krimineller Jugendbanden. Der 18-Jährige mit dem Künstlernamen Farruko Pop war seit dem 20. Mai vermisst worden. Fünf Tage später entdeckten Polizisten bei einer Razzia im Armenviertel El Limón in der Zone 18 der Hauptstadt Guatemala-Stadt seine Leiche.

In einem Waldstück, etwa sieben Kilometer von dem Viertel San Rafael Los Valdos entfernt, das sich ebenfalls in der Zone 18 befindet, wurde bereits am Vortag eine zweite Leiche entdeckt. Nach Behördenangaben soll es sich dabei um den Fahrer des Mototaxis handeln, der Pop am Tag seines Verschwindens in die Zone 18 fuhr.

Der junge Künstler war in die Hauptstadt gereist und habe dort das besagte Mototaxi genommen, bestätigten Freunde und Angehörige gegenüber der Presse. Danach hatten sie nichts mehr von ihm gehört.

Die Zone 18 im Norden von Guatemala-Stadt gehört zu den gefährlichsten Gebieten. Kriminelle Banden sind dort mit Schutzgelderpressungen aktiv und bekämpfen sich gegenseitig. Innenminister Francisco Jiménez erklärte auf einer Pressekonferenz, es sei eine "logische Schlussfolgerung, dass der Mord auf das Konto der Barrio 18 geht, ein schweres Verbrechen wie dieses müsste von Mitgliedern der Banden ausgehen", erklärte der Minister auf einer Pressekonferenz am 27. Mai.

Die Ermittler rechnen das Haus, an dem die Leiche von Pop gefunden wurde, der besagten Bande zu. Ein 18-jähriger Mann und eine 17-jährige Frau wurden festgenommen, erklärte der Innenminister. Über das Motiv der mutmaßlichen Täter herrsche jedoch noch Unklarheit. 

Eine Theorie über Zusammenhänge der Tat stellte indes Rechtsanwalt Fransisco Foppa auf. In einem noch vor der offiziellen Bestätigung des Todes von Pop veröffentlichten Video beschuldigte er die Gegenkandidatin von Präsident Bernardo Arévalo, Sandra Torres von der Partei UNE, in den Mord involviert zu sein. Deren Nichte hätte den Anführer der besagten Bande, Aldo Ochoa Mejía, geheiratet und Personen aus dem Umfeld der UNE hätten inhaftierte Bandenmitglieder Ende letzten Jahres im Gefängnis besucht. Seinerzeit waren Mordpläne gegen Arévalo öffentlich geworden. Der Mord an Pop sowie weitere Morde seien Teil eines "Destabilisierungsplanes gegen Arévalo, dessen Amtsantritt der Pakt der Korrupten hatte verhindern wollen", so Foppa.

Der Anwalt war in den vergangenen Jahren wie zahlreiche weitere Juristen selbst Gegenstand von Ermittlungen geworden und zeitweilig inhaftiert.

Torres wies die Anschuldigungen zurück. Es sei "unglaublich, dass ein Drogensüchtiger und Alkoholiker solche Verschwörungstheorien verbreitet", erklärte die Politikerin

Am 27. Mai führten Einheiten der Nationalen Zivilpolizei und des Innenministeriums eine großangelegte Durchsuchung des Gefängnisses Fraijanes II durch. Nach Regierungsangaben waren daran 900 Polizeikräfte beteiligt. Presseberichte sprechen von vier mutmaßlichen Bandenanführern, unter ihnen Mejía, im Fokus der Maßnahme. 

Die Aktion diene dazu, die "Kontrolle über die Gefängnisse zurückzugewinnen, die jahrzehntelang abgetreten und mit den Insassen ausgehandelt wurde. Wir müssen die Katastrophe, die wir geerbt haben, mit sicheren Einrichtungen, Technologie und Entschlossenheit umkehren", schrieb Jiménez auf X.

Guatemala gilt als sehr unsicheres Land, auch wenn die Mordrate zurückgegangen ist. 2009 gab es 6.498 Morde und war damit das gewalttätigste Jahr nach dem Ende des Bürgerkrieges (1960-1996). 2023 waren es 2.942 Morde. Die Mordrate sank von 45,57 Opfern pro 100.000 Einwohner auf 16,7. Damit ist Guatemala aber immer noch das nach Honduras unsicherste Land Mittelamerikas.

Pop wurde in der vergangenen Woche unter großer Anteilnahme in seiner Heimatgemeinde Chacalte im Departamento Livingston beerdigt. Der aus armen Verhältnissen stammende junge Mann ging 2022 nach Cobán, um seinem Traum von einer Karriere als Sänger näherzukommen. Er produzierte Musikvideos und konnte mit internationalen Künstlern auftreten.

Journalisten und Künstlerkollegen wiesen in den Tagen nach seinem Tod darauf hin, dass der indigene Sänger bei seinem Bestreben immer wieder gegen den im Land weit verbreiteten Rassismus und Klassismus ankämpfen musste.