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Neues Mediengesetz in Kuba veröffentlicht

Bislang größte Reform der Medienlandschaft in der Geschichte des sozialistischen Landes. Autonomie der Chefredaktionen wird erweitert. Medien sollen "effektiver, breiter und transparenter" werden

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Kubas Journalistenverband UPEC begrüßt das neue Mediengesetz
Kubas Journalistenverband UPEC begrüßt das neue Mediengesetz

Havanna. In Kuba ist der 68-seitige Text des neuen Mediengesetzes veröffentlicht worden. Bereits vor gut einem Jahr wurde es vom kubanischen Parlament verabschiedet (amerika21 berichtete).

Mit dem "Ley de comunicación social" (Gesetz über soziale Kommunikation) soll die Öffentlichkeitsarbeit der staatlichen Medien "effektiver, breiter und transparenter" werden, so Präsident Miguel Díaz-Canel.

Die meisten Neuerungen umfassen die Bestimmungen zur Arbeitsweise staatlicher Journalisten. Diese klagen seit langem über schlechte Arbeitsbedingungen wie niedrige Bezahlung, mangelhafte Ausrüstung und wenig auskunftsfreudige Behörden. Jetzt sind sie explizit angehalten, auf Ereignisse schnell zu reagieren und dürfen dazu auch unbestätigte Informationen aus sozialen Medien verwenden.

Insbesondere bei Protesten, wichtigen Ankündigungen und Krisen kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Verzögerungen aufgrund fehlender Freigaben. Vielerorts sind die Abläufe noch immer auf analoge Zeiten ausgelegt. Heute nutzen jedoch 7,6 von 11,2 Millionen Kubanern das Internet, zudem werden mit dem lateinamerikanischen Telesur und dem russischen RT mittlerweile zwei ausländische Sender übertragen. Dies hat beispielsweise dazu geführt, dass viele Kubaner vor der Währungsreform 2021 die entsprechende Ankündigung bereits auf Telesur gesehen hatten, während das kubanische Fernsehen zu dem Thema noch schwieg.

Eine Zielstellung des Gesetzes ist es, interne Bremsen zu lösen und den Journalisten in ihrer Arbeit den Rücken zu stärken, auch über eine Erweiterung der Auskunftspflicht staatlicher Stellen. Es sei auch insofern ein Novum, als es an vielen Stellen bisher keine Gesetzgebung gebe, während jetzt sämtliche Prozesse abgebildet würden. Dies helfe den Journalisten und erweitere die Autonomie der jeweiligen Chefredaktion, betonten Medienvertreter in einer Sondersendung.

Eine weitere Neuerung: Um die Finanzierung der staatlichen Medien auf eine breitere Grundlage zu stellen, dürfen Radio, Rundfunk, Online- und Printmedien erstmals kommerzielle Werbung schalten (§76ff.). Diese soll einen "verantwortungsbewussten Konsum" fördern und darf "Marken, Produkte, Kulturgüter und touristische Ziele" bewerben. Neu ist auch, dass Medien künftig Spenden erhalten dürfen. Damit sollen sie Zusatzeinnahmen generieren können, die im jeweiligen Haus verbleiben. Auch die Eröffnung eigener Konten, um etwa Equipment zuzukaufen oder Reparaturen durchzuführen, sind möglich. Bislang sind Kubas Medien ausschließlich auf staatliche Mittelzuteilungen angewiesen.

Als Teil der Zusatzbestimmungen des Gesetzes werden jetzt auch außerhalb der Medien verschiedene Formen von Werbung im öffentlichen Raum erlaubt: neben "absoluter Werbung" können Anzeigen, Verkaufsförderungen, Werbung im elektronischen Geschäftsverkehr, Werbung am Verkaufsort und Advertorials geschalten werden. Voraussetzung ist dabei stets "Respekt vor den nationalen Symbolen" und "Anerkennung der Vielfalt und Repräsentanz der kubanischen Gesellschaft". Die "Darstellung von Frauen in entwürdigender oder erniedrigender Weise, die mit stereotypen soziokulturellen Mustern verbunden ist", ist beispielsweise explizit verboten. Auch Alkohol- und Tabakwerbung sowie Anzeigen, die sich an Kinder richten, sind streng reguliert.

Darüber hinaus sollen Werbeblöcke in Radio und Fernsehen nur zwischen den Sendungen, nicht jedoch während laufender Programme ausgestrahlt werden. Die Mindestlänge der Spots muss drei Sekunden betragen, damit kommerzielle Werbung klar vom inhaltlichen Angebot zu unterscheiden ist.

Obwohl das Gesetz erst am 3. Oktober in Kraft tritt, werden bereits seit einigen Monaten erste Gehversuche unternommen. So schalten das staatliche Nachrichtenportal "Cubadebate" und die Nachrichtenagentur "Prensa Latina" inzwischen regelmäßig gesponserte Artikel, die meist Produkte von Privatunternehmen und Joint Ventures bewerben. Auch die große Anzeigetafel neben der Eisdiele "Coppelia" im Herzen Havannas kann inzwischen für Werbebotschaften gebucht werden.

Um die Presse institutionell auf eine modernere Basis zu bringen, soll zudem ein neues "Institut für soziale Kommunikation" entstehen, das die bisherigen Einrichtungen ablöst. Das staatliche Medienmonopol selbst bleibt unangetastet. Die Presse soll jedoch in ihrer Funktion stärker zu einem "öffentlichen Kontrollorgan" werden, wie der Präsident des kubanischen Journalistenverbands, Ricardo Ronquillo Bello, erklärte. "Wir wollen vereint, aber uneins sein", sagte er.

Das "Ley de comunicación social" ist die bislang größte Reform der staatlichen Medienlandschaft in der Geschichte des sozialistischen Kubas.