El Niño bringt Hitzewellen und Naturkatastrophen nach Lateinamerika

Expert:innen warnen vor sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen, die internationale Gemeinschaft müsse präventiv handeln

310451535_5576141362503657_1365394033557879553_n.jpg

Extreme Hitze und starke Regenfälle als Folge von El Niño: Überschwemmung am Río Melchor, Petén, Guatemala
Extreme Hitze und starke Regenfälle als Folge von El Niño: Überschwemmung am Río Melchor, Petén, Guatemala

Santiago de Chile/La Paz/Mexiko-Stadt. Ein alarmierender Bericht des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) warnt vor den schwerwiegenden Auswirkungen des El-Niño-Phänomens in Lateinamerika und der Karibik für die Jahre 2023 und 2024. Die Region steht vor einer ungewissen Zukunft, da extreme Wetterbedingungen, Hitzewellen und Naturkatastrophen erwartet werden, die Millionen von Menschen betreffen könnten.

Der Bericht hebt hervor, dass das Klimaphänomen El Niño, das durch ungewöhnlich warme Meeresoberflächentemperaturen im Pazifik gekennzeichnet ist, in dieser Saison zu verstärkten Extremwetterereignissen führen wird. Die Auswirkungen variieren von Region zu Region. Als besonders gefährdet sieht das OCHA die Länder Bolivien, Kolumbien, Ecuador, El Salvador, Guatemala, Guyana, Honduras, Nicaragua, Peru, Surinam und Venezuela. Es verweist darauf, dass die Bedingungen im zentralamerikanischen Trockenkorridor sowie im südamerikanischen Amazonasgebiet besonders beobachtet werden sollten.

El Niño kann unterschiedliche Folgen haben: In Chile könnte sich das Wetterphänomen im Sommer voraussichtlich mit hohen Temperaturen und Hitzewellen zeigen, die zu Wasserknappheit, Ernteausfällen und einem Anstieg von Waldbränden führen können. In Bolivien wird es eher zu verstärkten Niederschlägen, Überschwemmungen und Erdrutschen kommen. An der Küste Westmexikos hingegen steigt die Gefahr von Wirbelstürmen.

Auch die ohnehin bereits Besorgnis erregende und durch den Klimawandel und Rodungen bedingte Trockenheit des Amazonas-Regenwaldes wird durch El Niño noch weiter vorangetrieben werden.

Besonders starke humanitäre Auswirkungen werden dort zu erwarten sein, wo die Anfälligkeit bereits groß und die Reaktionskapazitäten begrenzt sind. Besonders verletzbare Gruppen stellen Frauen, Kinder, ältere Personen, chronisch Kranke aber auch indigene Völker dar.

Neben bestimmten Regionen werden auch bestimmte Sektoren stark von den Auswirkungen des Wetterphänomens getroffen werden.

Die Landwirtschaft, eine der wichtigsten Säulen der lateinamerikanischen Wirtschaft, wird über nahezu den gesamten Kontinent durch unvorhersehbare Wetterbedingungen beeinträchtigt werden. Dies kann zu enormen sozialen und wirtschaftlichen Folgen durch Ernteausfälle, Nahrungsmittelknappheit und einem Anstieg der Preise für landwirtschaftliche Produkte führen. Das würde die Lebensgrundlage vieler Menschen gefährden.

Die BBC Mundo berichtet, dass El Niño auch Auswirkungen auf die Fischerei in der Region haben wird. Die Veränderungen der Meeresströmungen können den Lebensraum für Fischarten beeinträchtigen und die Fangmengen reduzieren. Dies würde negative wirtschaftliche Konsequenzen für Fischer:innen und die Beeinträchtigung der Ernährungssicherheit ganzer Gemeinden mit sich bringen.

Adam Scaife, Leiter der Langzeitprognose beim nationalen meteorologischen Dienst Großbritanniens (Met Office), gibt an, dass, je nachdem wie groß El Niño ausfallen wird, ein neuer globaler Temperaturrekord im nächsten Jahr durchaus möglich sei.

Eine El-Niño-Episode tritt alle zwei bis sieben Jahre auf und dauert in der Regel neun bis zwölf Monate, kann aber auch bis zu zwei oder drei Jahre andauern. Die höchste Intensität ist voraussichtlich von Oktober dieses Jahres bis Februar 2024 zu erwarten.

Die internationale Gemeinschaft reagiert bereits auf die drohenden Herausforderungen. Humanitäre Organisationen intensivieren ihre Bemühungen, um Menschen in Gefahr zu helfen und notwendige Hilfsgüter bereitzustellen. Die Regierungen in der Region sind aufgerufen, präventive Maßnahmen zu ergreifen, um die Bevölkerung vor den unmittelbaren Folgen von El Niño zu schützen. Die internationale Zusammenarbeit wird entscheidend sein, um den betroffenen Gemeinschaften in dieser Zeit der Unsicherheit beizustehen und die langfristigen Auswirkungen des El-Niño-Phänomens einzudämmen.