Mapuche-Anführer in Chile verurteilt, ihm drohen 25 Jahre Haft

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Héctor Llaitul vor seiner Verhaftung
Héctor Llaitul vor seiner Verhaftung

Temuco. Die chilenische Justiz hat Héctor LLaitul, Sprecher der Coordinadora Arauco Malleco (CAM) und einer der bekanntesten Vertreter der Mapuche-Bewegung, unter anderem wegen Verstößen gegen das Sicherheitsgesetz schuldig gesprochen. Seit 20 Monaten sitzt er in Untersuchungshaft. Wie viele Jahre er im Gefängnis verbringen muss, soll im Mai bekannt gegeben werden.

Regierung und Opposition begrüßten das Urteil als "Sieg über den Terrorismus". Der Abgeordnete Miguel Becker von der rechten "Nationalen Erneuerung" (Renovación Nacional) machte die Llaitul vorgeworfenen Gewalttaten für die wirtschaftliche Unterentwicklung der Region verantwortlich.

Konkret wurde Llaitul der Anstiftung zur Gewalt, des Gebrauchs von Schusswaffen sowie der gewaltsamen Aneignung, des Diebstahls von Holz und des Angriffs auf die Behörden beschuldigt. Er soll in Haciendas von Holzunternehmen eingebrochen sein und Holz gestohlen haben.

LLaituls Verteidigerinnen werden die Aufhebung des Urteils beantragen. Das Urteil stütze sich auf das Denken des Angeklagten und nicht auf Tatsachen und sei daher politisch-ideologischer Natur, weshalb er freizusprechen sei. Sie beklagten, dass die Anklageseite Inkognito-Zeugen eingesetzt habe, die die Teilnehmer:innen des Prozesses nicht zu Gesicht bekommen hätten. Die Anwältinnen von Llaitul konnten auch kein Kreuzverhör durchführen, um die Aussagen der Zeugen zu überprüfen.

Die CAM versteht sich als Organisation verschiedener Mapuche-Gemeinden mit gemeinsamen politischen Zielen in den südchilenischen Regionen Biobío und Araucanía. Im Gegensatz zu anderen Mapuche-Organisationen, die sich für Integration und Gleichberechtigung in der chilenischen Gesellschaft einsetzen, fordert die CAM politische und kulturelle Autonomie sowie die Rückgabe großer angestammter Territorien. Ihr antikapitalistischer Politikansatz, verbunden mit militanten Aktionen, hat dazu geführt, dass ihre Vertreter und die Organisation als terroristisch eingestuft und entsprechend verfolgt werden.

Das Gericht gab allen Anklagepunkten statt und wird am 7. Mai über das Strafmaß entscheiden. Die Staatsanwaltschaft fordert 25 Jahre.

Vor der Urteilsverkündung gab Llaitul eine Erklärung ab, in der er einen Freispruch und einen fairen Prozess forderte. "Auch wenn ich verurteilt werde, wird der Konflikt der Mapuche weiter bestehen. Wir sprechen von einer Kriminalisierung der Sache der Mapuche. Die Frage ist, ob man verantwortungsvoll an die Lösung eines historischen Konflikts herangeht oder ob er auf unbestimmte Zeit weitergeht. Ich bin mir sicher, dass der Staat mich mit aller Härte bestrafen wird, und weil wir den Zusammenprall zweier Kulturen nicht verstehen, wird der Konflikt weiter bestehen". Er fügte hinzu: "Wir haben den Krieg nicht ausgerufen, deshalb bin ich ein politischer Gefangener".

Hector Llaitul hat in Interviews und in seinem Buch Chem ka Rakiduam (Gedanken und Aktion der CAM) die historischen Hintergründe des Konfliktes mit der Nation Mapuche und des Widerstands gegen die Unterdrückung seines Volkes analysiert. Zusammenfassend kommt er zu dem Schluss, dass die Gewalt immer vom Staat ausging und weiterhin ausgeht.

Beispiele seien der 23-jährige Mapuche-Student Matías Catrileo und der 24-jährige Mapuche-Bauer Camilo Castillanca, die 2008 bzw. 2018 bei Polizeieinsätzen erschossen wurden. Die Opfer wurden kriminalisiert und die Morde versucht zu vertuschen. Obwohl die Fälle aufgeklärt und die Verantwortlichen verurteilt wurden, wurden die Opfer in den Massenmedien immer wieder unter Terrorismusverdacht gestellt.

LLaitul besteht auf dem Recht der Selbstverteidigung als Antwort auf die anhaltende staatliche bewaffnete Gewalt. Er spricht dabei von "Organen des territorialen Widerstandes".

Natalia Caniguan vom Zentrum für interkulturelle und indigene Studien verteidigt die Mapuche-Bewegung gegen Versuche, sie mit der Verurteilung eines ihrer Vertreter insgesamt zu verurteilen. Sie weist darauf hin, dass diese Widerstandsbewegung aus vielen verschiedenen Organisationen bestehe, "die jeweils auf ihre Art denken, sich organisieren und kämpfen".