Chile / Politik

Mapuche-Aktivist in Chile zu 23 Jahren Gefängnis verurteilt

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Héctor Llaitul Carrillanca nach seiner Verhaftung im August 2022
Héctor Llaitul Carrillanca nach seiner Verhaftung im August 2022

Temuco. Héctor Llaitul Carrillanca, Gründer und Vorsitzender der autonomen Mapuche-Organisation Coordinadora Arauco Malleco (CAM), ist von einem chilenischen Gericht zu 23 Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Die gegen den 56-Jährigen vorgebrachten Anschuldigungen waren: Holzdiebstahl, gewaltsamer und bewaffneter Aneignung von Land und Widerstand gegen die Staatsgewalt. Allerdings wurde unter Hinzuziehung des Tatvorwurfs "Gefährdung der inneren Sicherheit" verhandelt, so erklärt sich das hohe Strafmaß. Die Staatsanwaltschaft hatte 25 Jahre Freiheitsentzug gefordert.

Bereits seit März 2022 herrscht in der Region ein Ausnahmezustand. Einwohner:innen beklagen sich über die zunehmende Militarisierung. Die Regierung von Präsident Gabriel Boric hatte die Militärpräsenz vor der Urteilsverkündung noch einmal zusätzlich verstärkt, um auf mögliche militante Reaktionen vorbereitet zu sein. 

Ende April waren drei Polizisten in einen Hinterhalt geraten, erschossen und verbrannt worden. Keine der militanten Gruppen bekannte sich zu dem Anschlag, im Gegenteil, die Organisation Weichán Auka Mapu (Kampf um das rebellische Territorium) hatte erklärt, der Mord an den Polizisten sei kontraproduktiv für die Ziele der Mapuche.

Das Mündliche Gericht von Temuco, der Hauptstadt der Region Araucanía, entschied, dass die Voraussetzungen für Alternativen zum Freiheitsentzug nicht gegeben seien und Llaitul "die Haftstrafen tatsächlich nacheinander verbüßen muss, beginnend mit der schwersten, wobei ab dem 25. August 2022 angerechnet wird": 15 Jahre wegen wiederholten Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung, fünf Jahre wegen Holzdiebstahls aus Forstbetrieben und weitere drei Jahre wegen Angriffs auf eine Behörde.

Innenministerin Carolina Tohá bezeichnete die Verurteilung als "wichtige Errungenschaft" und den Tag der Urteilsverkündung als "Meilenstein in der Geschichte eines jahrhundertelangen Konflikts". Nach der Rückkehr der Demokratie im Jahr 1990 sei die CAM vielleicht die erste Organisation überhaupt gewesen, die für die Durchsetzung von Forderungen den Weg der Gewalt eingeschlagen habe. Es sei zu hoffen, dass das Urteil dazu beitrage, diese Phase zu beenden.

Organisationen, die die Sache der Mapuche unterstützen, kündigten an, gegen das Urteil vorzugehen.

Die CAM war die erste militante indigene Organisation der Region Araucanía. Sie ist seit den 1990er Jahren in der Region aktiv und kämpft um die Territorien der Mapuche. Ihren ersten Brandanschlag verübte sie am 1. Dezember 1997.

Llaitul wurde im August 2022 in der Stadt Biobío verhaftet. Er war zum Mittagessen verabredet und betrat gerade das Restaurant, als er von zwei Polizisten überwältigt wurde.

Am 22. April dieses Jahres hatte das Gericht Llaitul für schuldig befunden (amerika21 berichtete).

Vor der Urteilsverkündung am 7. Mai erklärte er vor Gericht: "Ich rechne damit, dass ich mit dieser Strafe die volle Härte dieses Staates zu spüren bekommen werde, weil wir uns nicht verstehen können und der Konflikt sich nicht auflösen wird. Es gibt einfach keine Verständigung zwischen den Mapuche, die sich für ihre Grundrechte einsetzen, und dem chilenischen Staat“.