Bolivien: 17 Militärs im Zusammenhang mit Putschversuch verhaftet

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Boliviens Präsident Arce bei der Pressekonferenz am Freitag nach dem Putschversuch
Boliviens Präsident Arce bei der Pressekonferenz am Freitag nach dem Putschversuch

La Paz. Die bolivianische Polizei hat im Kontext des am Mittwoch vereitelten Staatsstreichs 21 Militärs festgenommen, gegen 17 wurde Haftbefehl erlassen. Nach 13 weiteren pensionierten Militärangehörigen wird gesucht.

Es wird nicht ausgeschlossen, die Anklage gegen sie, die bisher "bewaffneter Aufstand, Angriff auf den Präsidenten und Zerstörung von öffentlichem und privatem Eigentum" einschließt, auf versuchten Mord zu erweitern.

Am Freitag bestätigte Boliviens Präsident Luis Arce bei einer internationalen Pressekonferenz, dass sich die Oberkommandierenden aller drei Truppengattungen beteiligt hätten. Mindestens 14 Menschen wurden bei dem Angriff verletzt, manche durch Schüsse.

Zur konkreten Ausführung des Plans hinter dem Staatsstreich führte Arce aus: "Es gab zwei Treffen im Generalstab, eines am Dienstag, das andere am Mittwoch, an denen diejenigen teilnahmen, die die Entscheidung zur Durchführung getroffen haben. Das waren nicht nur Militärs, sondern auch pensionierte Angehörige der Streitkräfte und zivile Personen".

Auf Nachfrage, ob Arce sich mit Ex-Präsident Evo Morales in Verbindung gesetzt habe, bestätigte er, dass er Morales trotz der existierenden politischen Differenzen sofort über den laufenden Staatsstreich informiert und ihn gewarnt habe. "Denn es war klar, dass sie mich holen wollen, aber es war mir genauso klar, dass sie sich dann Evo Morales holen würden. Deshalb habe ich ihn als Genosse angerufen, denn das sind wir schließlich auch. Ich habe ihn angerufen, um ihn zu warnen, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen."

Der Präsident erklärte weiter, dass die Lage sich normalisiert habe und unter Kontrolle sei. Die neuen Kommandeure der drei Teilstreitkräfte hätten ihre Arbeit aufgenommen.

Arce räumte ein, dass seine Regierung von General Juan José Zúñiga, der die Aktion angeführt hatte, getäuscht wurde und die militärischen Spionageabwehr versagt habe. Die Regierung sei über die militärischen Bewegungen und Vorbereitungen, die sich seit Monaten angebahnt hätten und am Mittwoch umgesetzt wurden, völlig uninformiert gewesen. Der Nachrichtendienst habe seine Informationen nie an das Verteidigungsministerium und den Staatspräsidenten weitergeleitet. Dies werde nun untersucht.

Der Präsident nahm auch Stellung zu Behauptungen Zúñigas, es habe sich um eine Inszenierung Arces gehandelt. "Zúñiga behauptet, ich hätte ihn angewiesen [die Panzer herauszuholen], um ein wenig Popularität zu gewinnen. Zu seinem Pech, und das haben wir die ganze Zeit über bewiesen, bin ich kein Politiker, der sich mit dem Blut des Volkes beliebt machen will. Im Gegenteil, wir sind gekommen, um diesem bolivianischen Volk, das sein Blut für die Wiederherstellung der Demokratie gegeben hat, zu seinem Recht zu verhelfen", sagte er.

Es sei "die Kraft des Volkes" gewesen, "das sich im ganzen Land auf der Straße massiv für den Prozess des Wandels einsetzte, die uns antrieb, den Putschisten bei ihrem Versuch, ein antidemokratisches Regime durchzusetzen, entgegenzutreten", so der Präsident.

Im Verhör getätigte Aussagen von Zúñiga bringen indes weitere Hintergründe ans Licht. Er bezeichnete den Evangelikalen Aníbal Aguilar als den "Chef-Ideologen". Dieser habe seit Mai für ihn als sein "persönlicher Berater" Analysen erarbeitet und ihn überredet, die Macht zu ergreifen und Neuwahlen auszurufen.

Medien berichten über Aguilar, den Bruder des Ex-Bildungsministers Roberto Aguilar, dass dieser als "Analyst für internationale Beziehungen" in den Medien auftrat. In sozialen Netzwerken habe er seine Ansichten verbreitet und vor angeblichen Plänen Chiles gewarnt, sich der natürlichen Ressourcen Boliviens zu bemächtigen.

Aguilar ist Mitglied des Nationalen Christenrates. Er unterrichtete an der Militärhochschule Escuela de Altos Estudios Nacional "Cnl. Eduardo Abaroa", die im Generalstab angesiedelt ist. Er ist auch Berater des Verteidigungsministeriums.

Im Polizeiverhör berichtet Zúñiga weiter, er sei am Dienstag darüber informiert worden, dass er von seinen Aufgaben als Armeechef entbunden werden würde, und so hätten er, Juan Arnez von der Marine und Marcelo Zegarra von der Luftwaffe, die Entscheidung für den Staatsstreich getroffen.

Dem Putschversuch gingen Tage scharfer Auseinandersetzungen und umstrittener Äußerungen Zúñigas voraus. Er war seines Amtes enthoben worden, nachdem er in einem Fernsehinterview angekündigt hatte, die Militärs würden Morales festnehmen, wenn er 2025 wieder für die Präsidentschaft kandidiere. Es sei Aufgabe der Armee, die Verfassung zu schützen. Zudem warf er Arce und Morales vor, "ein politisches Regime aufrechtzuerhalten, das Bolivien ohne Zukunft lässt".