Kolumbien / Politik

Wollen Demonstrierende in Kolumbien einen Putsch gegen die Regierung Petro?

Bisher größte Demonstration gegen Petro. Viele rechte Oppositionelle. Regierungsmitglieder regen zur Selbstkritik an. Einige Aufrufe zum Mord an Petro

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"Wir verteidigen hier die Demokratie, mein Lieber". Berühmtes Zitat eines Ex-Generals, unter dessen Kommando 1985 bei der Militäroperation im Justizpalast zwölf Menschen verschwanden
"Wir verteidigen hier die Demokratie, mein Lieber". Berühmtes Zitat eines Ex-Generals, unter dessen Kommando 1985 bei der Militäroperation im Justizpalast zwölf Menschen verschwanden

Bogotá. Am 21. April haben in mehreren Städten Kolumbiens zehntausende Menschen gegen die Regierung von Gustavo Petro demonstriert. Der Präsident warnte noch am Abend vor einem "sanften Putsch" gegen seine Regierung.

Nach offiziellen Angaben beteiligten sich landesweit rund 250.000 Menschen an den Protesten, besonders groß war die Beteiligung in Medellín und der Hauptstadt Bogotá. In den anderen 18 Städten waren die Proteste laut Zeitungsberichten nicht so massiv wie erwartet. Grund dafür waren auch die heftigen Regenfälle nach monatelanger Trockenheit im ganzen Land.

Zehntausende Menschen gingen am Sonntag in der Hauptstadt auf die Straße und sangen am Zielpunkt die Nationalhymne. Obwohl im Vorfeld von den zur Demonstration aufrufenden rechten Oppositionspolitiker:innen mehrfach vor Zensur gewarnt wurde, kam es zu keinen Ausschreitungen.

In Medellín marschierten die Demonstrant:innen von drei Treffpunkten aus zum Endkundgebungsort im Parque de las Luces im Zentrum der Stadt. Laut dem Sicherheitssekretär des Bezirks, Manuel Villa, verhielten sich die Protestierenden "vorbildlich und zivilisiert". In Cali kamen trotz des Regens mehrere tausend Teilnehmer:innen zusammen, laut Zeitungsberichten wurden im Laufe der Zeit etwa 40.000 Personen gezählt.

Während die Protestierenden vor einer Zensur durch die Regierung warnten, zogen sowohl Innenminister Luis Velasco als auch der Polizeidirektor, General William René Salamanca, eine friedliche Bilanz der Proteste. "Die Regierung hat den Bürger:innen die Garantie gegeben, protestieren zu können", sagte Velasco. Organisationen von Opfern der Polizeigewalt bei Demonstrationen gegen frühere Regierungen kommentierten: "Die Menschen, die heute, am 21. April, auf die Straße gehen, können sicher sein, dass ihnen nicht, wie unter früheren Regierungen, die Augen ausgestochen werden". Damit bezogen sie sich auf die vielen Augenverletzungen bei Demonstrationen unter den Ex-Präsidenten.

Laut Velasco hat es keine negativen Vorfälle gegeben: "Wir erkennen den positiven Ton der Proteste an".

Dieser Ton beinhaltete jedoch unter anderem den Ruf nach dem "Tod" von Präsident Petro. Teilnehmer:innen der Proteste trugen sogar Särge, während sie Parolen riefen, die Petro auf den Friedhof schickten oder Kommentare wie "Wir töten den Hurensohn" abgaben.

In den sozialen Medien und auch auf den Profilen rechter Politiker:innen war der Ton deutlich: Die einzige Methode, Petro loszuwerden, sei, ihn aus dem Weg zu schaffen.

Auch diesmal gelang es der Opposition kaum, neue Stimmen zu gewinnen. Auf den Demonstrationen waren die üblichen Rechten zu hören: Uribist:innen, Konservative, Abtreibungsgegner:innen. Petro kritisiert: "Der Hass ist der zentrale Kern der Botschaft." Was die Demonstrierenden sich wünschten sei "offene Unterdrückung, paramilitärische Massaker und die Ermordung von Jugendlichen". Damit bezog er sich auf Aussagen in den Aufrufen zu den Demonstrationen.

Es waren die größten Demonstrationen gegen den Präsidenten seit seinem Amtsantritt vor 20 Monaten. Er war mit einer knappen Mehrheit gewählt worden. Ein Teil der Kritik der Demonstrierenden richtete sich gegen die Strukturreformen, um die die Regierungskoalition im Kongress ringt. Darüber hinaus beklagen andere Teile der Gesellschaft, die sich am Sonntag nicht unbedingt an den Protesten beteiligt haben, eine mangelhafte Umsetzung der Wahlversprechen.

Den Vorwurf, das Land zu spalten, wies Petro mehrfach mit der Aussage zurück: "Das Land ist seit langem gespalten."

Die Direktorin des Verwaltungsabteilung der Präsidentschaft der Republik (Dapre), Laura Sarabia, äußerte sich selbstkritischer: "Wir müssen die Größe haben, anzuerkennen, dass viele Menschen mobilisiert wurden. Diese Woche müssen wir als Regierung nachdenken und selbstkritisch sein". Dies sagte sie auch mit Blick auf den kommenden 1. Mai, an dem in Kolumbien traditionell die linke Arbeiter:innenbewegung auf die Straße geht.