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Gesetzesreform in Chile gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche verschoben

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Parlamentarische Finanzkommission tagt mit Finanzminister
Finanzminister Mario Marcel (am Mikrophon) verteidigte am Dienstag die Reform in der Finanzkommission des Senats

Santiago/Valparaíso. Die Finanzkommission des Senats in Chile hat am Dienstag die Abstimmung über die Gesetzesreform verschoben, mit der das Land Steuerhinterziehung und Geldwäsche bekämpfen will.

Obwohl das Parlament den von ihm beschlossenen Text schon im April eingereicht hat, soll die Behandlung im Plenum erst nächste Woche stattfinden. Die Kommissionsmitglieder wollen eine Obergrenze für die Barzahlung von Luxusartikeln und die Aufhebung des Bankgeheimnisses diskutieren.

Am Vortag hatte Regierungssprecherin Camila Vallejo noch einmal daran erinnert, dass in dieser Art von Abstimmung "das echte Engagement zur Bekämpfung der Korruption, zur Bekämpfung von Steuervermeidung und -hinterziehung und zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens" verwirklicht werde.

Bei der Bevölkerung stößt das Gesetz auf große Zustimmung. Laut einer Umfrage von Pulso Ciudadano stimmten 59,2 Prozent dem Gesetz zu, 9,6 Prozent lehnen es ab, der Rest ist unentschlossen.

Die Reform hat ihr Vorbild in der Gesetzgebung vieler OECD-Länder, Chile würde sich damit internationalen Standards angleichen. Das Finanzamt soll leichter Einsicht in Kontobewegungen bekommen, wenn ein begründeter Anfangsverdacht vorliegt. Ziel ist es, Gelder die aus undurchsichtigen Firmengeflechten und illegalen, kriminellen Aktivitäten stammen wirksamer aufzuspüren. Jährlich werden hohe Summen am Finanzamt vorbei in unbekannte Kanäle verschoben, die dringend für soziale Infrastruktur benötigt werden.

Von Unternehmerseite kommt Zustimmung zu dem Gesetz, wenn es sich um organisierte Kriminalität handelt. Das Verfahren wird jedoch infrage gestellt, wenn es um den Schutz eigener Interessen geht.

In einer führenden Wirtschaftszeitung heißt es: "Die Notwendigkeit, Schranken gegen Fälle von Betrug und Geldwäsche und allgemein gegen die organisierte Kriminalität zu errichten, ist unbestritten. Der Fokus muss jedoch darauf gerichtet sein, relevante Rechte wie das Bankgeheimnis schützen."

Diese Auffassung hat sich die Finanzkommission des Senats zu eigen gemacht. Vor der Presse erklärte ihr Vorsitzender: "Das Einzige, was noch aussteht, ist die Öffnung des Bankgeheimnisses für das organisierte Verbrechen. Niemand muss nervös sein, dass sein Geheimnis gelüftet wird, dies ist für Aktivitäten des organisierten Verbrechens."

Bisher kann das Bankgeheimnis nur bei begründetem Verdacht auf Antrag des Finanzamtes, der Staatsanwaltschaft oder anderer ermittelnder Behörden durch ein Gericht aufgehoben werden. Das ist ein langwieriges Verfahren, das den Verdächtigen erlaubt, relevante Informationen zu vertuschen.

Nun soll die Beweislast umgekehrt werden. Das Finanzamt soll Einsicht in die Kontobewegungen bekommen und die verdächtigte Person oder Firma kann in einem abgekürzten Verfahren dagegen Einspruch erheben. Des Weiteren ist eine Strafminderung bei Eigenanzeige sowie die vereinheitlichte Inspektion ganzer Firmengruppen vorgesehen. Das ist der entscheidende Punkt des Gesetzes, den Unternehmer und Senatsmehrheit verhindern wollen.

Ein Schlupfloch für Steuerhinterziehung ergibt sich aus dem Betreiben von unübersichtlichen Firmenverflechtungen. Eine andere Form der Steuervermeidung ist die Übernahme sogenannter Zombiefirmen. Das sind bankrotte Firmen mit hohen Schulden, auf die Gewinne aus gut laufenden Geschäften übertragen werden, ohne sie jedoch zu sanieren. In der Summe kommen dann Verluste zustande und die erfolgreich versteckten Gewinne werden nicht versteuert. Ex-Präsident Sebastian Piñera ist 2017 mit solchen Geschäften ins Gerede gekommen.

Nach einer Studie des Finanzministeriums verliert Chile durch diese Machenschaften jährlich etwa 6,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Im Einzelnen setzt sich dieser Betrag aus zwei Posten zusammen: 18,4 Prozent nicht gezahlte Mehrwertsteuer, entsprechend 1,8 Prozent des BIP und 51,4 Prozent nicht gezahlte Unternehmenssteuer, entsprechend 4,7 Prozents des BIP.