Druck auf US-Regierung nimmt zu: Kuba soll von Terror-Liste gestrichen werden

Expertengruppe der Vereinten Nationen, 123 Länder des UN-Menschenrechtsrates sowie Abgeordnete der Demokraten fordern Biden zum Handeln auf

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Der Druck auf die US-Regierung nimmt zu, Kuba endlich wieder von der SSOT-Liste zu nehmen
Der Druck auf die US-Regierung nimmt zu, Kuba endlich wieder von der SSOT-Liste zu nehmen

Genf/Washington. Eine Arbeitsgruppe unabhängiger internationaler Expertinnen und Experten des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen hat die US-Regierung aufgefordert, Kuba von seiner Liste der staatlichen Sponsoren des Terrorismus (SSOT) zu streichen. Das sei angesichts der anhaltenden wirtschaftlichen und humanitären Herausforderungen, mit denen das Land konfrontiert ist, dringend erforderlich.

In ihrer Pressemitteilung heißt es: "Wir sind ernsthaft besorgt darüber, dass die US-Regierung Kuba seit 2021 erneut als staatlichen Sponsor des Terrorismus eingestuft hat". Die SSOT-Einstufung bringt zusätzlich zu der seit über 60 Jahren bestehenden US-Blockade eine Reihe wirtschaftlicher und finanzieller Beschränkungen mit sich, die Kubas Fähigkeit beeinträchtigen, die Bedürfnisse seiner Bevölkerung zu befriedigen.

Die auch von anderen Gremien und Organisationen kritisierten Beschränkungen betreffen die Ausweitung der von den USA verbotenen Güter, die nicht nach Kuba geliefert werden dürfen und den aktiven Widerstand der USA gegen die Gewährung von Krediten durch internationale Finanzinstitutionen an Kuba.

Ländern, die Kuba unterstützen und sich nicht an die Vorgaben beim Austausch und Handel mit Kuba halten, droht die Unterbrechung der Kooperation mit den USA. Dies habe "die Unsicherheit und Angst unter Staaten, Unternehmen und anderen Akteuren verschärft", heißt es in der Erklärung.

Laut dem Text haben die Zwangsmaßnahmen infolge von SSOT die Herausforderungen, mit denen die kubanische Bevölkerung in den letzten drei bis vier Jahren bereits konfrontiert war, deutlich verschärft. Zusätzlich hätten die Covid-19-Pandemie, die Naturkatastrophen und die wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklungen, die sich auf die globalen Lieferketten und die Rohstoff- und Energiepreise auswirken, weitere negative Folgen für die Situation in Kuba.

Von den verschärften US-Maßnahmen betroffen sei die Versorgung Kubas, die humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe sowie die Verfügbarkeit von lebenswichtigen Gütern wie Nahrungsmittel und Medikamente. Die Treibstoffknappheit und Einfuhrbeschränkungen für landwirtschaftliche Maschinen, chemische Erzeugnisse, Futtermittel und Ersatzteile seien zu einem großen Problem für die Ernährungssicherheit geworden, so die Experten.

Der Bericht ist von Alena Douhan, Sonderberichterstatterin über die negativen Auswirkungen einseitiger Zwangsmaßnahmen, Cecilia M. Bailliet, unabhängige Expertin für Menschenrechte und internationale Solidarität, und von George Katrougalos, unabhängiger Experte für die Förderung einer demokratischen und gerechten internationalen Ordnung, unterzeichnet.

Abschließend erklären sie: "Unter Hinweis auf alle UN-Resolutionen, in denen die negativen humanitären Auswirkungen einseitiger Zwangsmaßnahmen hervorgehoben werden, und auf Grundlage der breiten internationalen Unterstützung für die Aufhebung des Kuba-Embargos fordern wir die US-Regierung nachdrücklich auf, allen ihren internationalen Menschenrechtsverpflichtungen, auch extraterritorial, in vollem Umfang nachzukommen und unverzüglich Maßnahmen zur Beendigung solcher Maßnahmen zu ergreifen."

Die Sonderberichterstatter, unabhängigen Experten und Arbeitsgruppen sind Teil der so genannten Sonderverfahren des Menschenrechtsrats. "Sonderverfahren" ist die allgemeine Bezeichnung für die unabhängigen Untersuchungs- und Überwachungsmechanismen des Rates, die sich entweder mit spezifischen Ländersituationen oder mit thematischen Fragen in allen Teilen der Welt befassen.

Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat neben dem Bericht der Arbeitsgruppe eine von 123 Ländern unterzeichnete Erklärung veröffentlicht, in der die USA aufgefordert werden, Kuba von der SSOT-Liste zu streichen, weil dadurch die Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade noch verstärkt werde. Diese Liste verstoße zudem gegen die grundlegenden Prinzipien und zwingenden Normen des Völkerrechts, einschließlich der internationalen Solidarität. Das Verfahren, nach dem die Benennung erfolge, sei unklar und nicht transparent. "Anstatt einseitige, völkerrechtswidrige Zwangsmaßnahmen zu verhängen, müssen wir die internationale Solidarität und Zusammenarbeit fördern, um gemeinsame Herausforderungen zu bewältigen, die Menschenrechte für alle zu fördern und zu schützen und die Ziele der nachhaltigen Entwicklung zu erreichen", heißt es abschließend.

Die US-Terror-Liste umfasst derzeit neben Kuba die Demokratische Volksrepublik Korea, Iran und Syrien.

Unterdessen forderten 46 US-Kongressabgeordnete der Demokraten die Regierung von Joe Biden und Kamala Harris auf, den kolumbianischen Friedensprozess zu unterstützen und in diesem Zusammenhang auch die von Donald Trump vorgenommene Einstufung Kubas als staatlicher Sponsor des Terrorismus rückgängig zu machen. Diese Maßnahmen gegen Kuba seien wegen der Unterstützung des kolumbianischen Friedensprozesses verhängt worden.

Kuba war ab 2012 Gastland und Garantiestaat der Friedensgespräche mit der Farc-Guerilla und ab Mai 2018 auch mit der Nationalen Befreiungsarmee (ELN). Der damalige Präsident Kolumbiens, Iván Duque, forderte nach Abbruch der Verhandlungen mit der ELN im Jahr 2019 die Auslieferung ihrer Delegierten. Die kubanische Regierung verweigerte dies und erklärte, sie halte die unterzeichneten Protokolle über den Friedensdialog strikt ein, die vorsahen, dass im Falle eines Abbruchs der Gespräche den ELN-Delegierten Aufschub zur Ausreise und Rückkehr zu ihren Einheiten garantiert wird.

Trump hatte dies in seiner letzten Amtswoche zum Anlass genommen, Kuba erneut auf die Terrorliste zu setzen. Sein Außenminister Mike Pompeo erklärte damals, Havanna habe "wiederholt Unterstützung für Akte des internationalen Terrorismus geleistet, indem es Terroristen einen sicheren Hafen gewährt". Er führt die Anwesenheit von Mitgliedern der kolumbianischen ELN-Guerilla auf der Karibikinsel an. Die kubanische Regierung verweigere zudem die Auslieferung von mindestens zwei Mitgliedern der US-amerikanischen Schwarzen Befreiungsbewegung: Joanne Chesimard (73), die international als Assata Shakur bekannt ist, und Charles Lee "Charlie" Hill (71). Beide werden seit Anfang der 1970er Jahre vom FBI gesucht.

Die neue kolumbianische Regierung von Gustavo Petro hat die Friedensverhandlungen mit der ELN wieder aufgenommen und die Auslieferungsgesuche zurückgezogen. Kuba gehört erneut zu den Garantiestaaten.

Mit der Initiative der Kongressabgeordneten steigt nun der Druck auf die voraussichtliche Präsidentschaftskandidatin der Demokratischen Partei Harris, sich hier kontrastierend zu ihrem extrem kubafeindlichen Gegenkandidaten Trump zu positionieren.