Bolivien hebt Mindestlohn an

Evo Morales verteidigt Preiserhöhungen für Treibstoffe. Basis reagiert unterschiedlich. Ticketpreise bis zu 150 Prozent gestiegen

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Präsidium der Organisation Conamaq
Leitung der Organisation Conamaq

La Paz. Die Löhne in Bolivien sollen steigen. Dies hat Präsident Evo Morales am gestrigen Mittwochabend in einer Fernsehansprache angekündigt. Dabei wird nicht nur der Mindestlohn um 20 Prozent angehoben, sondern auch die Einkommen von Polizei und Militär sowie in den Bereichen Bildung und Gesundheit. Der Mindestlohn steigt damit von derzeit 679 auf 814 Bolivianos (umgerechnet von gut 73 Euro auf 87 Euro). Die Erhöhung hängt direkt mit den Treibstoffpreisen zusammen, die in Folge einer Kürzung der Subventionen Anfang der Woche drastisch gestiegen sind.

"Ich bin gewählt worden, um die nationale Ökonomie zu schützen, auch wenn mich das politisch etwas kostet. Lass sie sagen: Das macht Evo Morales schwächer. Sie können sagen, was sie wollen, aber das Mutterland steht an erster Stelle", sagte Morales in seiner Rede, in der er Unterstützung für weitere Sektoren wie die Landwirtschaft oder die öffentlichen Angestellten ankündigte.

Nach Ansicht der Sprecherin der Nachbarschaftsräte von El Alto (FEJUVE) ist dies nicht genug. "Die Regierung muss die Preiserhöhungen zurücknehmen und an der Seite derer bleiben, die sie unterstützt haben", sagte FEJUVE-Vertreterin Fanny Nina der Nachrichtenagentur Reuters. Die Nachbarschaftsvereinigungen von El Alto gehören zu den wichtigsten Unterstützern der Regierung. Vor der Präsidentschaft von Evo Morales haben insbesondere ihre Protestaktionen in Verbindung mit weiteren sozialen Bewegungen wie den Cocaleros unter Morales zwei Präsidenten das Amt gekostet.

Am gestrigen Mittwoch kam es in El Alto bei den Protesten zu einem ersten gewaltsamen Zusammenstoß zwischen Gegnern der Neuregelung und den Anhängern des Präsidenten, bei denen ein Protestierender durch einen Stein verletzt wurde.

Nach den Treibstoff-Preiserhöhungen um bis zu 83 Prozent sind unterdessen auch die Buspreise gestiegen. Während die Regierung nur eine Erhöhung von 30 Prozent zugelassen hat, sind die Ticketpreise im Nahverkehr beispielsweise in Cochabamba verdoppelt, in Oruro und Potosí gar um 150 Prozent angehoben worden, wie eine Übersicht der Zeitung La Prensa zeigt.

Für den heutigen Donnerstag haben verschiedene Organisationen zu weiteren Protesten aufgerufen. Unter anderem sollen die Minen in Oruro und Potosí bestreikt werden, in mehreren großen Städten sind Protestmärsche geplant. Die Gewerkschaft der Landarbeiter (CSUTCB) hat sich unterdessen auf die Seite der Regierung gestellt.

Gewerkschaftsführer Roberto Coraite sagte, dass sein Verband den Prozess der Neugründung des Landes und damit auch das Dekret unterstütze. Um die Mehrkosten für Treibstoff tragen zu können, werden die Bauern um Beihilfen bitten, so Coraite.

Der nationale Rat der indigenen Ayllus und Markas (Conamaq), ein Zusammenschluss traditioneller ländlicher Dorfstrukturen, hat sich hingegen dem Protest der COB angeschlossen. "Wir haben die Situation analysiert und sind zu dem Schluss gekommen, dass der ,Gasolinazo' direkt auf die indigenen Völker wirkt", sagte Sergio Hinojosa für die Organisation.