Argentinien / Politik

Antrag auf Amtsenthebung von Präsident Javier Milei in Argentinien

Milei erklärt Kapitalflucht zur "Heldentat". Klagen auch wegen Todesfällen durch von der Regierung gestoppte Medikamentenlieferungen

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Vorwürfe gegen Präsident Javier Milei: Verherrlichung von Straftaten, Anstiftung zu Steuerdelikten, unterlassene Hilfeleistung unter anderem
Vorwürfe gegen Präsident Javier Milei: Verherrlichung von Straftaten, Anstiftung zu Steuerdelikten, unterlassene Hilfeleistung unter anderem

Buenos Aires. Eine Gruppe von Persönlichkeiten aus Kultur und Politik hat beim Parlament einen 25-seitigen Antrag auf Amtsenthebung des Präsidenten Javier Milei eingereicht. Die Unterzeichner werfen ihm darin Pflichtverletzungen bei der Ausübung seines Amtes sowie mögliche Straftaten vor.

Zu den Antragstellern gehören der Nobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel und die Mitbegründerin der Madres de Plaza de Mayo, Taty Almeyda. Auch ehemalige Richter und Staatsanwälte haben das Dokument unterzeichnet.

Konkret beschuldigen sie Milei, zu Straftaten aufgerufen zu haben. Hintergrund ist eine Rede des Regierungschefs, in der er vor Unternehmern Steuerhinterziehung und Kapitalflucht als "Heldentaten" pries und seine Zuhörer dazu ermunterte. Ein weiterer Vorwurf lautet auf unterlassene Hilfeleistung wegen der angeordneten Einstellung von Medikamentenlieferungen aus einem Sonderfonds für Krebskranke und chronisch Kranke sowie der vollständigen Streichung von Zuschüssen für Schulspeisungen und Suppenküchen.

Hinzu kommt der Vorwurf des Amtsmissbrauchs und der Veruntreuung öffentlicher Gelder durch die Nichtauszahlung staatlicher Mittel für die Universitäten, die im letzten Jahr zwar im Haushalt festgelegt, aber auf seine Entscheidung hin stark gekürzt wurden. Im ganzen Land fanden in dieser Woche Protestkundgebungen dagegen statt (amerika21 berichtete).

Der Impeachment-Antrag bezieht sich auch auf das umstrittene Notstandsdekret, auf das sich ein Großteil des bisherigen Regierungshandelns stützt, das aber von Staatsrechtlern als verfassungswidrig eingestuft wird. Der Oberste Gerichtshof hatte lange Zeit keine Stellung dazu genommen, zuletzt aber mehrere Anträge auf Aufhebung des "Megadekrets" aus formalen Gründen zurückgewiesen.

Andere Rechtsinstanzen haben jedoch bereits Teile von Mileis Dekret aufgehoben. Auch der Senat hat es bereits abgelehnt. Das Dekret gänzlich außer Kraft zu setzen, liegt in den Händen der Abgeordnetenkammer. Deren Vorsitzender Martín Menem von Mileis Partei La Libertad Avanza, hat dies allerdings bisher zu verhindern gewusst.

Neben dem Amtsenthebungsantrag wurden Klagen gegen Milei eingereicht, unter anderem wegen der Einstellung von Medikamentenlieferungen, was bereits zu Todesfällen geführt hat. Außerdem wegen Anstiftung zur Steuerhinterziehung. Der ehemalige Kammerrichter Eduardo Freiler sieht in der öffentlichen Aufforderung des Präsidenten zu Steuerdelikten einen Angriff auf die öffentliche Ordnung sowie einen Aufruf zu Straftaten und hat deshalb Klage gegen Milei bei der Bundesjustiz eingereicht.

Solange der Präsident im Amt ist, genießt er Immunität gegen solche Klagen. Sollten sie jedoch gerichtlich zugelassen werden, könnte es auch auf diesem Weg zu einem Amtsenthebungsverfahren kommen.

Die Erfolgsaussichten für den Impeachment-Antrag, für den weiterhin öffentlich Unterschriften gesammelt werden, sind indes gering. Um ihn durchzubringen, wäre eine Zweidrittelmehrheit im Kongress erforderlich. Mileis eigene Partei hat zwar nur sehr wenige Abgeordnete, konnte sich aber bisher auf die Unterstützung der konservativen Parteien stützen und das dürfte vorerst auch so bleiben.

Sollte der Erfolg von Mileis Wirtschaftspolitik jedoch weiterhin ausbleiben, könnte sich die Situation sehr schnell ändern. Seine Popularität nimmt momentan rapide ab. In Umfragen haben inzwischen 60 Prozent der Befragten ein negatives Bild von ihm. Auch unter seinen Verbündeten beginnt es zu rumoren.