Mexiko / Politik

Wahlen in Mexiko: Sehr wahrscheinlich eine Präsidentin

Laut Umfragen liegt Claudia Sheinbaum vorn, die Kandidatin der konservativen Koalition weit hinter ihr. NGO sprechen vom gewalttätigsten Wahlkampf in der Geschichte des Landes

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Kandidatin Sheinbaum: "Es ist die Zeit der transformierenden Frauen" (Screenshot)
Kandidatin Sheinbaum: "Es ist die Zeit der transformierenden Frauen" (Screenshot)

Mexiko-Stadt. Am 2. Juni sind mehr als 98 Millionen Mexikaner:innen dazu aufgerufen, ihre nächste Präsidentin oder nächsten Präsidenten zu wählen. Neben dem Staatsoberhaupt werden auch Teile des Abgeordnetenhauses, der Senat sowie zahlreiche Abgeordnete und Regierungsämter auf Ebene der Bundesstaaten und Kommunen neu gewählt.

Sehr wahrscheinlich ist, dass zum ersten Mal in der mexikanischen Geschichte eine Frau zur Präsidentin gewählt wird. Die letzten Umfragen sahen Claudia Sheinbaum Pardo von der regierenden Morena-Partei mit rund 53 Prozent an der Spitze. Mit deutlichem Abstand folgte die Kandidatin der konservativen Koalition "Fuerza y Corazón por México", Xóchitl Gálvez Ruiz, mit 31 Prozent. Auf dem dritten Platz war den Umfragen zufolge mit 14 Prozent Jorge Álvarez Máynez vom linksliberalen Movimiento Ciudadano.

Sheinbaums Karriere wurde aktiv vom regierenden Präsidenten Andrés Manuel López Obrador (Amlo) gefördert. Ihm selbst ist eine erneute Kandidatur nach einer Legislaturperiode verboten. Er hatte Sheinbaum schon während seiner Zeit als Bürgermeister von Mexiko-Stadt in sein Kabinett geholt. Von 2018 bis 2023 war sie selbst Regierungschefin der Hauptstadt.

Bei ihrer letzten Wahlkampfveranstaltung versprach die Physikerin, die Programme der Regierung Amlo, vor allem für die Armen, fortzuführen. Nach Polizeiangaben kamen rund 550.000 Personen zum zentralen Zócalo, um dabei zu sein.

Die Kandidatin wurde mit den Rufen "Presidenta, Presidenta" begrüßt. Sie bedankte sich bei ihrem Publikum: "Zum ersten Mal in den 200 Jahren der Republik werden wir Frauen die höchste Auszeichnung erreichen, die unser Volk uns verleihen kann: die Präsidentschaft von Mexiko. Und ich sage dies im Plural, denn: Ich komme nicht allein, wir alle kommen, mit unseren Großmüttern, mit unseren Müttern, mit unseren Töchtern und mit unseren Enkelinnen. Es ist die Zeit der Frauen und der Transformation."

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"Wenn Gott mit mir ist, wer kann gegen mich sein?" fragt Kandidatin Gálvez Ruiz in diesem Tweet
"Wenn Gott mit mir ist, wer kann gegen mich sein?" fragt Kandidatin Gálvez Ruiz in diesem Tweet

Gálvez Ruiz hat ebenfalls Regierungserfahrung, unter anderem als Ministerin für indigene Angelegenheiten unter Präsident Vicente Fox Anfang der 2000er Jahre. Von 2018 bis 2023 war sie Senatorin. Sie tritt für die Koalition "Kraft und Herz für Mexiko" der drei Parteien PAN, PRI und PRD an.

Den rund 17.000 Anhänger:innen beim Wahlkampfabschluss im Bundesstaat Nuevo León versprach sie ein Sozialversicherungssystem für alle: "Was bedeutet das? Ein Wohnungsbauprogramm, Kindergärten, Ganztagsschulen, Betreuung für Kinder mit Behinderungen, denn ein Kind, das Autismus hat, braucht besondere Aufmerksamkeit."

Mehrmals berief sie sich auf den christlichen Glauben und betonte, sich mehr um die ländliche Bevölkerung kümmern zu wollen als die "arrogante und überhebliche" aktuelle Regierung.

Das Ende der Kampagne des Kandidaten von Movimiento Ciudadano, Jorge Álvarez Máynez, war von einem tragischen Unfall überschattet. Bei einer Wahlkampfveranstaltung vor einer Woche in einem Baseballstadion in Nuevo León wurden Videowand und Bühnenaufbauten von einer Windböe erfasst und stürzten um. Álvarez wurde leicht verletzt, konnte das Krankenhaus aber kurze Zeit später verlassen. Neun Menschen wurden jedoch getötet und 120 weitere verletzt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen die Firma, die für die Aufbauten verantwortlich war.

In seiner Abschlussveranstaltung in Mexiko-Stadt dankte der Kandidat vor allem den Jugendlichen, die für ihn Wahlkampf gemacht hätten.

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Álvarez Máynez bei seiner Wahlkampfveranstaltung in San Martín Texmelucan am 30. Mai
Álvarez Máynez bei seiner Wahlkampfveranstaltung in San Martín Texmelucan am 30. Mai

Rund ein Drittel der Wahlberechtigten sind zwischen 18 und 29 Jahre alt.

Die Zeit vor den Wahlen war wie schon vergangene Wahlprozesse von Gewalt geprägt. Nichtregierungsorganisationen sprachen vom gewalttätigsten Wahlkampf in der Geschichte des Landes. Nach Angaben der Organisation Data Cívica wurden 31 Kandidat:innen ermordet. Sicherheitsministerin Rosa Isela Rodríguez sprach von 22 Todesopfern. Gewalt und Drohungen haben landesweit dazu geführt, dass zahlreiche Lokalpolitiker:innen ihre Kandidatur zurückgezogen haben.

Selbst an den letzten beiden Tagen des Wahlkampfes wurden Menschen, die bei Wahlen kandidiert hatten, Opfer von Gewalttaten. Ein Bürgermeisterkandidat in Jalisco kam ins Krankenhaus, nachdem bewaffnete Angreifer ein Parteitreffen gestürmt hatten. Auf das Auto eines Kandidaten für den Kreistag in Chalco wurde geschossen. Und ein kommunaler Kandidat in Tehuacán überlebte einen Angriff vor seiner Haustür.

"Wir sind besorgt über die Welle der politischen Gewalt", sagte José Miguel Insulza Salinas, Leiter der Wahlbeobachtungsmission der Organisation Amerikanischer Staaten. "Dies ist ein Aufruf, die Taten zu untersuchen und Maßnahmen zu ergreifen, damit diese Dinge die Wahlen nicht trüben und der mexikanischen Demokratie keinen Schaden zufügen", fügte er hinzu.

Laut Präsident López Obrador werden am 2. Juni mehr als 27.000 Angehörige der Guardia Nacional auf den Straßen sein, damit die Wähler:innen "ruhig, sicher und ohne Angst zur Wahl gehen können". Zusätzlich würden rund 230.000 Angehörige von Wachdiensten eingesetzt. Knapp 500 Kandidat:innen erhalten persönlichen Schutz, weil sie als gefährdet eingestuft wurden.